- 23.07.2021, 13:54
#555389
Hallo Ahrhelfer,
nach insgesamt 141 geleisteten Einsatzstunden im Zeitraum von letzten Mittwoch Abend bis gestern Abend bin nun auch mal wieder zu Hause. Wir waren erst (Mi Abend bis Fr Abend) bei Trier, ab Samstag Abend dann in der VG Altenahr im Einsatz. Dort in der Technischen Einsatzleitung bzw. in der IuK-Gruppe zum Aufbau der Technik-Infrastruktur der Einsatzabschnittsleitung. Da ich noch dazu mehrere Tage vor Ort war und auch mehrere Erkundungen im Gebiet durchgeführt habe, bin ich da ziemlich im Bilde, was abläuft.
Bevor hier jetzt mal wieder aufkommt, dass die Feuerwehr und/oder die anderen Hilfsorganisationen überfordert wären, muss ich das demetieren. Nur leider handelt es sich hier um eine Katastrophenlage, da muss man andere Maßstäbe ansetzen, auch was die Hilfeleistung gegenüber dem Einzelnen betrifft. Da geht es derzeit weniger drum, einzelne Keller leerzupumpen oder den Schlamm rauszuschippen und die Möbel auf den Sperrmüll zu bringen. Einige Ortschaften in dem Gebiet existieren quasi nicht mehr. Da gibt es keine Infrastruktur, Straßen, Brücken, aber auch die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind zerstört, ebenso die Stromversorgung. Telefon Festnetz ist total im Eimer, zum Glück haben die Mobilfunkprovider recht schnell das Mobilfunknetz wieder weitgehend herstellen können. Auch deren Basisstationen müssen mit Treibstoff versorgt werden, das ist da jetzt essentiell, weil manchmal der einzige Kommunikationsweg.
Erstmal müssen Grundlagen der Infrastruktur geschaffen werden. Anfangs waren z.B. in der VG Altenahr alle bis auf eine Brücke zerstört, eine weitere war noch eingeschränkt nutzbar. Durch viele Arbeit, von Hilfsorganisationen und auch privaten Helfern und Firmen, sind inzwischen wieder viele der Brücken für eine Notüberfahrt tauglich und viele Straßenabschnitte zumindest eingeschränkt wieder befahrbar. An der Ahr entlang und auch in Seitentälern sind aber noch viele Straßen unterbrochen. Teils sind Orte auch nur über Feldwege erreichbar, nach Mayschoß wird gerade ein 2m-Feldweg zur Asphaltstraße ausgebaut, das geht da innerhalb von wenigen Tagen, obwohl das mehrere km sind. Einsturzgefährdete Häuser müssen gesichert oder abgerissen werden, sie stellen eine Gefahr für die Helfer dar, die man auch nicht unterschätzen sollte.
Vom THW sind auch jede Menge Personal und Material vor Ort. Die Feuerwehren stellen insbesondere den Grundschutz und auch teils die Vorsorgung sicher, bei den Aufräumarbeiten kommt es auch immer wieder zu Gefahrguteinsätzen. Die Kollegen meiner FW-Einheit, die im Bereich Heimersheim im Einsatz sind, hatten wohl bis zu 30 solcher Einsätze am Tag. Da bleibt nicht mehr viel Reserve für Kellerauspumpen oder Schlammschippen. Immerhin sind auch einige Feuerwehren vor Ort direkt betroffen und nicht mehr einsatzfähig oder nur noch eingeschränkt.
Auch die Bundeswehr ist mit viel Gerät und Personal im Einsatz, das sind vor allem geländegängige LKW (viele MAN KAT, aber auch Unimog), Bergepanzer waren auch zu sehen, ebenso wie Brückenleger und auch Transporthubschrauber. Tankwagen der BW übernehmen die Spritversorgung.
Was es aber nicht braucht, ist Hilfskräftebashing, wie man es derzeit auf Facebook erlebt. Da könnte man gerade meinen, ein paar Bauern retten dort die Welt. Ja, die machen nützliche Aufräumarbeiten und sind da auch schwer entbehrlich. Nie käme ich auf die Idee, deren Leistung kleinzureden oder als unnötig oder gar unfähig darzustellen. Genau das machen da aber einige mit den Hilfsorganisationen, wenn die nicht an der ersten Schadensstelle, die ihnen in den Blick kommt, direkt anhalten und den Schlamm wegschippen. So geht halt Katastrophenhilfe auch nicht. Ein wenig Koordination muss sein, und genau das macht man auch bei den Hilfsorganisationen. Das läuft für Außenstehende dann zwar gern mal etwas zäh, aber es läuft.
Auch die Verwaltungen koordinieren einiges. Allerdings ist zumindest in Altenahr die Verwaltung abgesoffen und man muss aktuell mit einem Hotel vorlieb nehmen. Natürlich geht da nun einiges nicht so schnell wie gewohnt. Man muss einfach auch mal sehen, dass wir hier nicht von einem Moselhochwasser mit ein paar hundert Häusern sprechen, bei dem das Wasser langsam kam und langsam wieder ging.
Gruß,
Michael
Meine Mogs und Anhänger:
406.121,
403.123,
435.115,
KDU6000
Ehemalige Mogs:
404.115(TLF8)*, 404.114(LF8-TS)*,
416.141,
403.121, 424.126,
406.121
*) bei der Feuerwehr