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#375187
Hallo Jungs!

Hab beim aufräumen meiner Festplatte einen Text wiedergefunden, den ich euch
nicht vorenthalten möchte. Ich finde die Geschichte einfach genial und vielleicht
erkennt sich ja der ein oder andere von euch wieder!;-)


Irgendwann läuft das Faß über. Der eine schluckt den Ärger herunter,
so wie er sein Leben lang schon alles geschluckt hat, aber einer von
tausend läßt sich nicht mehr verarschen. Dies ist die Story von einem, der genug hat!

25 Jahre!

Seit fünfundzwanzig Jahren umklammerten seine schwieligen Hände die Stiele
der Schaufeln, Spaten und Hacken. Ein Viertel Jahrhundert ergibt einen endlos
langen Graben, gefüllt mit kilometerlangen Kabeln, Rohren und Leitungen.
Würde man den Boden, den er bewegt hatte, von fliesendem Sand bis hin zum
diamanthartem Fels, aufgetürmten, so wäre der Berg höher als der Mount Everest.

Die Beleidigungen die er ertragen musste, reichten für Depressionen aller Insassen
einer geschlossenen Abteilung. Fünfundzwanzig Jahre, in denen er sich mit Kollegen,
Chefs, dummen Bauführern, arroganten und inkompetenten Angestellten der
Tiefbauämtern und der schlimmsten aller Spezies, den Anwohnern, rumärgern musste.
Niemand hat je seine Leistung anerkannt. Selbstverständlich, der Einsatz mitten in der
Nacht, wenn irgendwo eine Wasserleitung geplatzt, ein Stromkabel defekt war.
Keinen interessierte es, wenn sein Rücken schmerzte oder der Regen in seinen
Hosenbeinen lief. Die eiskalten Zehen, umschlossen von gefrorenen Stahlkappen,
die Finger klamm, die Knochen so müde.

Für die Chefs, wenn sie mal für fünf Minuten ihre vollklimatisierten, mit Arschwärmern
ausgestatteten Luxuskarossen verließen, war es nie zu warm, zu naß oder zu kalt. In den
Ausschreibungen gibt es halt keine Position "Zuschlag für die Arbeiter während einer
Regenperiode" - "Hitzezuschlag" - "Frostaufpreis".

Seit fünfundzwanzig Jahren hatte er zu funktionieren. Schmerzen, Müdigkeit oder über
einen Kater zu jammern, stand ihm nicht zu. "Nasse Füße sind gut......Es löst die verdammte
Hornhaut ab" Es gibt Leute, die können nicht mal einen Furz ertragen; er hingegen stand
schon zwischen aufgequollenen Tampons, Lokuspapier und Essensresten bis zu den
Knöcheln in der Scheiße. In der richtigen Scheiße! Herausgedrückt aus unzähligen Arschlöchern...
aus kleinen, großen, fetten, dünnen, pickligen und behaarten Arschlöchern.

Kein Waschbecken, keine Seife, die er nutzen konnte, bevor er seine Brote auspackte.
Er hatte das alles hinzunehmen, und er das hatte er auch bis zu diesem Tag getan.

Gewohnheit schützt die Seele.

Man gewöhnt sich an den Schmutz unter den Fingernägeln, an die rauhen Hände und
an die Rückenschmerzen. Das Wetter zog Furchen durch sein Gesicht. Was erst nur
eine kleine Falte war, war zur Angriffsfläche von Sonne, Regen und Wind geworden.

Wenn es etwas gab, was ihm in den vergangenen Jahren gefallen hatte, dann war es
die Abwechslung in dem Job. Immer neue Städte, Dörfer und Strassen. Ständig neue
Gesichter, ständig neuer Ärger. Was gleich blieb war der Job.

Pflaster aufnehmen, Teer schneiden, ausbaggern, auslegen, zumachen verdichten,
pflastern, teeren. Die Knie waren mittlerweile etwas wunder, und das aufrichten wurde
immer etwas schmerzhafter, aber was blieb ihm anderes übrig, als es hinzunehmen?
Was nützt das Jammern über den 180 Grad heißen Teer, den er und seine Kollegen in
der Gluthitze des Hochsommers verarbeiten mussten? Es war sein verdammter Job,
und dafür wurde er bezahlt.

Aber dieser Tag wurde zum Tag der Veränderung.

Es war nichts außergewöhnliches passiert, was ihn zu dieser Entscheidung trieb. Es war
einfach nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Eine ganz normale Bausstelle. Ein Kanal-Anschluss. Nichts besonderes. 150er Rohre, Bögen,
Doppelmuffen, Übergangsstücke, Kontrollschächte. Der Ort war nur etwas elitärer.
Ein Bonzenviertel. Herrenhäuser mit parkähnlichen Grundstücken, elektrischen Toren,
Überwachungskameras und Dienstboten.

Auch die „feine Gesellschaft“ muß in DIN-genormte Kanäle kacken. Er stand in dem
verdammten Graben und begutachtete diese Prachtbauten, die ihm jetzt so nahe waren,
und dennoch unerreichbar. Immer wieder stürzte ein Teil des Grabens ein, und immer
wieder schaufelte er fluchend den Boden heraus.

Und auf einmal war da dieser nervende, bohrende Gedanke. War es der Anblick dieser
Paläste, die ihn an diesem Tag zum Wurm werden ließen, oder war es jetzt einfach DER TAG?
Wieder gab die ungesicherte Grabenwand nach, und wieder lag ein Berg Erde vor seinen
Füssen, aber er ließ die Schaufel ruhen, und sprach statt dessen zu dem kleinen Hügel.

"Seit 25 Jahren schaufel ich dich und deinesgleichen durch die Gegend. Für dich, der du
seit Jahrtausenden dort rumliegst, bedeuteten 25 Jahre nicht viel. Aber für mich ist es eine
halbe Ewigkeit! Willst du wissen, was mich dabei am meisten ankotzt? Es ist die Gewissheit,
dies wahrscheinlich noch mal 25 Jahre tun zu müssen!"

"Nutze die Zeit", antwortete ihm der Hügel, "mit schnellem Fuß gleitet sie dahin!"

"Oh, ein kluger Haufen Erde! Kommst hier in meinen Graben gerutscht und gibst schlaue
Kommentare ab. Ohne mich hättest du dich in den nächsten tausend Jahren kaum einen
Zentimeter bewegt, aber willst mir sagen, was ich zu tun habe".

"Was auch immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende!", warnte der Boden.

"Jetzt hör mir mal gut zu, du kleiner Haufen Dreck. Leck dich mal schön selber am Arsch!"

Er griff wieder zu seiner Schaufel, und schmiß den Klugscheißer häufchenweise im hohen
Bogen zu der anderen Erde. Dann kam tatsächlich einer der anwohnenden Creme de la Creme
mit ein paar Flaschen Wasser auf ihn und seine Kollegen zugetrabt. Hatte er sie beobachtet,
wie sie im Schweiße ihres Angesichts das Brot aßen und beim Blick auf seine goldenen
Löffel so etwas wie Gewissen empfunden?

"Ich stell ihnen hier mal diese Flaschen Wasser hin. Es ist zwar nicht so heiß heute, und
es staubt auch nicht so, aber vielleicht hat der eine oder andere von ihnen doch ein wenig Durst".

"Oh, vielen Dank! Den geringsten deiner Brüdern hast du gedacht, obwohl es bei diesem
Wetter ja gar nicht Not tut. Wie wäre es, wenn du für mich weiterschaufelst und ich in der
Zwischenzeit das mache, wovon du seit Jahre träumst? Es deiner Alten auf dem Küchentisch
richtig zu besorgen und mit meinen dreckigen Fingern an der jungfräulichen Pflaume deiner
Tochter rumzuspielen, du mieser beschissener Wichser!!"

Das Fass lief über. Er warf die Schaufel hin, kletterte aus dem Graben und verließ die Bausstelle.
Die fragenden Rufe seiner Kollegen hörte er nicht mehr.


Nie wieder!

Es war vorbei! Kein Malochen, kein Frieren, keinen Gestank mehr. Er würde sich nie mehr
für Leute krumm machen, die es nicht zu würdigen wussten. Sollten ab jetzt andere die Kabel
und Rohre verlegen, sich in Aussiedler-Siedlungen von Dutzenden slawischen Köpfen dumm
begaffen, von neureichen Arschlöchern beleidigen lassen. Nun war es vorbei. Der Hügel hatte
Recht! Er musste seinem Leben eine andere Richtung geben, und er wusste wie.

Mit jedem Schritt, der die Distanz zwischen ihm und der Baustelle vergrößerte, ging es ihm
besser. Die schweren Bauarbeiterschuhe waren nun keine Last mehr, aus dem schlurfenden
Gang wurde eine kleine rhythmische, fast tänzelnde Schrittfolge. Als er die Bushaltestelle
erreichte, trauten die mürrischen und ungeduldigen Leute ihren Augen nicht. Vor ihnen tanzte,
steppte und sang ein Typ in schmutzigen Arbeitsklamotten. "Es ist vorbei", lachte er sie an,
und immer wieder "Es ist vorbei!" Dann umarmte er eine alte Frau, küsste sie auf die Wange,
um in nächsten Moment wie ein Hampelmann vor den verblüfften Menschen herum zu hüpfen.
Plötzlich blieb er stehen, baute sich vor ihnen auf und sprach mit todernster Stimme:

"Es ist ganz einfach! So einfach, dass einfach niemand darauf kommt! Man muß es einfach
nur tun. Nicht mehr und nicht weniger!! Muß erst die Erde auch in eure Gräben rutschen?
Befreit euch von den Ketten der Ratenzahlungen, dem Zwang der Gewinnmaximierung,
der Ödnis der Gewohnheit. Laßt nicht länger zu, dass eure Chefs euch täglich auf den
Kopf scheißen!"

Der Bus brachte ihn in die Lessing-Strasse; von dort waren es nur wenige Minuten bis zu
seiner Wohnung. Er bedankte sich freundlich bei dem Busfahrer, und riet ihm "ruhig mal
ins Mikrofon zu furzen, wenn ihm danach sei".

Seine Frau erschrak, als er plötzlich in der Wohnung stand. "Was ist denn los?......bist du
krank?.......haben sie dich entlassen?.....nun red schon?" Nur während der Schlechtwetterzeit
konnte es vorkommen, dass er früher nach Hause kam, aber es war Sommer und kein Wölkchen
trübte den blauen Himmel. Instinktiv spürte sie, dass etwas vorgefallen war. "Mach dir keine
Sorgen, mein Schatz. Es ist wirklich alles in Ordnung! Laß mir bitte Wasser in die Wanne."
Er badete, zog sich seinen Sonntagsdress an, trank eine Tasse aufgewärmten Kaffee, und
quittierte ihre drängenden Fragen und lauter werdenden Proteste mit einem Lächeln. Es war
ja verständlich, das sie sich Sorgen machte, denn den Verlust des Jobs hätte die beiden in
große Bedrängnis gebracht. Aber er wusste was er nun zu tun hatte. Keine Gräben, Rohre
und Scheiße mehr, und dafür bedurfte es nur eines kleinen Schrittes. "Du hasst doch die
Müllersche von nebenan so sehr. Warum gehst du nicht jetzt gleich zu ihr rüber und steckst sie an?
Nimm den kleinen blauen Kanister, der neben dem Rasenmäher steht.....Ist noch genug drin"
.....waren seine Abschiedsworte.

Sein Weg führte ihn in die Fußgängerzone zu dem kleinen Lotto-Zeitschriften und
Zigarettenladen und tat das, was er hätte schon längst, vielleicht schon vor fünfundzwanzig
Jahren hätte tun sollen. Er füllte einen Lottoschein aus!



In diesem Sinne, Grüße an Alle.
der Olli



P.s.: Liebe Moderatoren, bitte verzeiht mir die 2-3 unanständigen Sätze!
#375199
Aplaus,Aplaus,Aplaus, der Gaul,der den Hafer verdient hat,der bekommt den nicht.Täglich zur Zeit in der Zeitung kann man es lesen welche Gäule den Hafer bekommen."helf nur mir,dass es mir nicht so geht wie dir"jedem das seine aber mir das Meiste.
Und wieder ist ein Tag vollbracht und wieder ist nur Mist gemacht und Morgen
mit dem selben Fleiße,geht es an die selbe Scheiße.


Entschuldigung,bevor ich nicht höre was ich sage,weiß ich nicht was ich denke!!!

Schönen Tag noch, Manimog
#375208
Hallo Olli,

damit das Fass gar nicht erst überläuft, empfehle ich die Lektüre von Seneca's "Mächtiger als das Schicksal". :wink:
#375222
Nieswurz hat geschrieben:...Zeig mir das Happy End im wirklichen Leben....
Naja, die Story schloss ja mit "...Er füllte einen Lottoschein aus!"

Da koennte es ja so ausgehen: Plötzlich schwimmt ein spanisches Dorf in Geld *klick*
Oder so: 7,9 Millionen gewonnen – alles wieder verloren
Oder so: Millionengewinnerin verliert ihren Lottoschein

jaja ... ich weiss ... ich bin zu romatisch :lol:

-M-
#375329
Mahlzeit liebe Kollegen!

Die Frage ist doch, ob man etwas an der Situation ändert mit der man unzufrieden ist,
oder ob man lernt sie so zu akzeptieren wie sie ist.

Egal wie zufrieden oder unzufrieden man mit seinem Job ist, - jeder wird irgendwann mal
an dem Punkt angelangen, an dem er sich fragt: "Erfüllt mich meine Arbeit? Soll ich nun
den Rest meines Arbeitslebens dem selben Trott nachgehen? Sollte ich mich nicht vielleicht
beruflich verändern oder gar selbstständig machen?"

Auch ich stand vor ein paar Jahren vor dieser Frage und habe darüber nachgedacht,
alles hinzuschmeißen und etwas Neues anzufangen. Auch habe ich in dieser Zeit viele
Lottoscheine ausgefüllt! :wink: Ich hab mich aber damals von meiner Vernunft leiten lassen und
alles so gelassen wie es ist. Bis jetzt hab ich es noch nicht bereut.

Happy End? Vielleicht geht auch Herr Lottoschein heute wieder seinem alten Job nach.
Und vielleicht ist er heute glücklich mit dem was er macht.

Gruß,
Olli

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