- 18.11.2022, 16:55
#565885
Liebe Forengemeinde,
mein Name ist Philip und ich bin im Nürnberger Land zu Hause. Hier im Forum lese ich immer wieder mal rein, die Beiträge sind teilweise sehr informativ.
Seiner Zeit eine KFZ-Lehre in einer Motoren- und Getriebewerkstatt absolviert, kaufte ich mein erstes Auto mit 17, noch bevor ich meinen richtigen Führerschein hatte, einen 1300er Käfer von 1970. Die Karre war überall durch, vom Vorderachsrahmen bis zu den Endspitzen. Werkzeug und Platz waren da, es konnte also los gehen.
So gesehen war das damals meine erste Restauration, auch wenn durch mangelnde Erfahrung die ein oder andere Schweißnaht etwas stümperhaft daherkam. Aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben, und mit der Zeit wurden weitere Fahrzeuge angeschafft und her gerichtet. Nachdem der zweier Golf das dritte mal im größten Schneetreiben im Jagdrevier festgefahren war, musste etwas mit Allradantrieb und Bodenfreiheit her. Ein Range Rover Classic folgte, später noch ein Land Rover Serie 3 und ein 123er Mercedes. Motoren und Getriebe wurden erfolgreich überholt und die Fahrzeuge begleiteten mich auf Reisen nach England und Skandinavien.
Seit vier Jahren beschäftige ich mich in der Theorie mit dem Thema Unimog, da ich schon seit geraumer Zeit angedacht habe, für Haus, Hof und nahe gelegenes Jagdrevier ein solches Fahrzeug anzuschaffen. Letztendlich habe ich mich für die Baureihe 421 entschieden und die Marktbeobachtungen auf dieses Modell beschränkt.
Ich war in den vergangenen zwei Jahren immer wieder unterwegs um mir Fahrzeuge die zum Verkauf standen anzusehen, wobei sich der Umkreis im 300 km Radius befand.
Einen scheinbar gut erhaltenen oder restaurierten Unimog zu kaufen hatte ich von Anfang an nicht vor, da ich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit "restaurierten Fahrzeugen" gemacht habe. Der ware Zustand der Technik offenbart sich meistens erst beim zerlegen. Es durfte schon einer sein, der etwas Arbeit brauchte. Die hohe Nachfrage und die verhältnismäßig krassen Preissteigerungen in den letzten drei Jahren - im gesamten Oldtimerbereich, nicht nur bei den Unimog - veranlassten mich schließlich zum Kauf.
Doch es sollte auch nicht irgendeiner sein. Die Fahrzeuge die ich mir angesehen habe waren teilweise in solch erbärmlichen Zustand, dass man sich überlegen musste, jenes nicht nur noch als Teilespender verwenden zu können, aber Preise aufrufen weit jenseits der 10 000 €. Die Bilder der Inserate aus 10m Entfernung aufgenommen, am Telefon schön geredet, "...läuft wunderbar, habe damit bis letztes Wochenende mein Brennholz gemacht! ...der Pritschenboden ist einwandfrei!"
Vor Ort hat sich dann rausgestellt, dass der Typ noch nie damit gearbeitet hat, selbst erst gekauft vor zwei Wochen, wahrscheinlich gerade mal für die Hälfte des von ihm ausgeschriebenen Preises. Kabine total verbeult, Bodenbleche und alle Ecken durchgerostet, Pritsche nur noch in Fragmenten vorhanden, sämtliche Luftleitungen durchgerostet, überall pfeift und zischt es, Bremsanlage außer Funktion usw.
Also weiter suchen. Auch verblüffend fand ich, dass die Fahrzeuge oft ohne Besichtigungstermin vom Telefon aus gekauft werden, die Inserate sind oft keinen Tag, ja manchmal nur wenige Minuten online. Mann musste also auf Draht sein, der Standort war mir inzwischen egal geworden, wichtig waren allgemeiner Zustand, Preis und Ausstattung.
Vergangenen Winter hatte ich dann Glück. An einem kalten Februar Abend wurde ein Inserat aufgegeben, keine 70 km von mir entfernt: Unimog 421, Baujahr 1968, 45PS Zapfwellen vorne und hinten, Hydraulik und großes Getriebe. Wurde angeblich nur zum Schnee räumen benutzt. Der Preis lag deutlich unter der Konkurrenz.
Ich schrieb den Verkäufer sofort an. Keine Antwort. Ich kontrollierte mehrmals am Abend das Postfach. keine Antwort. Wahrscheinlich schon verkauft, dachte ich. Nachts konnte ich nicht schlafen. Ich sah mir immer wieder die Bilder an. Am nächsten Morgen vor der Arbeit Postfach kontrolliert. Keine Antwort, Inserat noch online.
Gegen 10 Uhr Vormittags, bei einer erneuten Kontrolle meldete sich der Verkäufer. Ich könne nach der Arbeit gerne vorbei kommen, solle vorher aber anrufen ob er noch da ist, es hätten sich schon über 20 Leute gemeldet. Ich rief den Typen sofort an und gab ihm zu verstehen, dass ich sofort nach Feierabend vorbei komme, er solle die Anzeige bitte reservieren. Am anderen Ende der Leitung machte sich Ratlosigkeit bemerkbar, als er dann fragte was reservieren sei, erklärte ich ihm wie man bei kleinanzeigen ein Inserat reserviert.
Nach der Arbeit startete ich sofort zum Besichtigungstermin. Und tatsächlich, alles was der Verkäufer mit dem Mog gearbeitet hatet, bestand daraus, ein- bis zweimal im Jahr aus der Halle zu fahren und den Schnee vor der Halle weg zu schieben. Ca. 10 Jahre war er in dessen Besitz. Er erklärte mir den einzigen Schalthebel den er benutzt hat "...damit macht man den Rückwärtsgang rein, was anderes hab ich nie gebraucht..." Er wusste nicht für was die anderen Schalthebel da waren und wie man das Getriebe überhaupt schaltet. Auch auf die Frage wo der Ölpeilstab des Motors zu finden ist nur Ratlosigkeit, "...da hab ich nie was nachgefüllt..." erklärte er mir belustigt.
Ich startete den Motor und stellte einen ruhigen Motorlauf fest, ohne böse Geräusche. Das Öl am Peilstab war zwar pechschwarz, zeigte aber kein silbernes, durch Späne im Öl verursachtes Schimmern. Bei einer anschließenden Probefahrt vor der Halle stellte ich fest, dass zwar das Gaspedal in den Buchsen fest war, man musste es jedes mal von Hand zurück ziehen, dafür sich aber alle Gänge und der Allrad im Getriebe schalten liesen. Auch die Luftanlage ist einigermaßen dicht, nur am Bremsservo zischt es irgendwo leicht. Die Bremsanlage war gänzlich außer Funktion, im Ausgleichsbehälter gar keine Flüssigkeit mehr. Beim Griff nach der Handbremse waren die Bremsen auf der Hinterachse wie zu erwarten total festgegammelt. Der Typ regte sich noch auf "...kann doch nicht sein, die sind immer gegangen!". Klar, das letzte mal 1986. Was mir sofort aufgefallen ist, war das übermäßige Spiel im Lenkgetriebe. Welche Probleme die Ersatzteilversorgung auf diesem Sektor darstellte, war mir durch vorangegangene Recherchen bekannt.
Bis auf das Bodenblech im Fahrerfußraum ist die Kabine untenrum und an den Ecken nirgends durchgerostet, dafür hier und da verbeult, Pritsche und Bordwände brauchen Arbeit. Das Kabinendach ist stark aufgespachtelt, hier wird sich noch ein größerer Schaden offenbaren. Der Kippzylinder fehlt und es sind verschiedene Felgen montiert. Der Motor ist ein Original Tauschaggregat mit 1510 Stunden. Des weiteren ist noch eine Anbauplatte montiert. Nach einem kurzen Verhandlungsgespräch wurde der Mog dann gekauft und eine Woche später nach Hause transportiert, mit dazu gabs noch einen zweiten Luftpresser.
Nachdem sämtliche technischen Unterlagen, Werkstatthandbücher und Teilelisten besorgt waren, konnte es also los gehen.
Die Bremsanlage
Als erstes fing ich an die Bremsanlage auf der Hinterachse zu zerlegen. Da hier seit geschätzt 20 Jahren nichts mehr gemacht wurde, war die ganze Mechanik dermaßen festgerostet, dass ohne Flamme gar nichts mehr ging.
Behutsam wurde alles zerlegt und gesäubert, die Einzelteile gingen zum Sandstrahlen, wurden neu lackiert und neue Bremsbeläge wurden aufgenietet.
Rad- und Hauptbremszylinder wurden gesäubert, gehohnt, lackiert und mit Reparatursätzen versehen.
Anschließend wurde alles wieder montiert und neue Bremsleitungen für die Hinterachse angefertigt.
Das Lenkgetriebe
Nachdem ich die Vorderachse ausgebaut hatte - dazu später mehr - bot es sich auf Grund der günstigen Platzverhältnisse an, gleich das Lenkgetriebe mit auszubauen. Verbaut ist eine ZF-Gemmer Lenkung ohne Servo. Das ganze ging recht einfach von statten, nur der Bolzen war durch verharztes Fett und Rost etwas im Rahmen festgegammelt. Lies sich aber mit etwas Wärme und Kriechöl dann gut lösen. Beim öffnen des besagten Bauteils dann die Offenbarung. Die Lagerschalen der Lenkspindel wiesen bereits Materialausbrüche auf, von der Lenkspindel selbst fehlten bereits an mehreren Stellen große Stücke die sich unten im Gehäuse angesammelt hatten. Zudem waren die Buchsen der Lenkrollenwelle total ausgeschlagen.
Zum Glück war gerade zu dieser Zeit ein Lenkgetriebe diesen Typs inseriert. Der Verkäufer hatte auf Servolenkung umgerüstet und hatte das Bauteil in scheinbar gutem Zustand abzugeben. Nach einer Begutachtung wurde das Teil für brauchbar befunden und gekauft.
Ob die schwarze Sau im Sack gekauft wurde, wird sich dann allerdings erst im Betrieb zeigen.
Die Vorderachse
Nachdem die Bremsanlage auf der Hinterachse überholt war, war klar, dass selbiges auch an der Vorderachse von nöten ist. Beim Aufbocken des Fahrzeugs stellte ich dann fest, was ich schon vermutet hatte und schon bei anderen Fahrzeugen mit ähnlichen Achskonstruktionen beheben musste: beide unteren Schwenklager der Vorgelege waren ausgeschlagen.
Also demontierte ich die Vorgelege. Dabei zeigte sich, dass beide Lagerbuchsen in den Achsrohren gebrochen waren. Während auf der Fahrerseite noch der original Simmerring montiert war, wurde beifahrerseitig bei einer vergangenen Reparatur ein Verschleißring auf der Antriebswelle und ein Übermaß-Simmerring im Achsgehäuse montiert.
Fahrerseite:
Beifahrerseite:
Interessanterweise kam auf dieser Seite nach Demontage des Vorgeleges ein Lagerring zum Vorschein. Der lag einfach so im Achsrohr, auf dem Bild ganz gut zu erkennen. Da ich diesen auf keiner Teilezeichnung fand, konnte ich ihn nicht zuordnen und vermute, dass es sich um ein Bruchstück einer alten, schonmal getauschten Sintermetall-Lagerbuchse handelt.
Ich bekam das Teil auch nicht entfernt und entschied desshalb die Achse auszubauen, zu zerlegen und gleich alle Simmerringe und die beiden Buchsen zu erneuern.
Mit dem Hochdruckreiniger grob gesäubert:
Ein Halter wurde angefertigt um die Achse auf dem Motormontagebock zerlegen zu können:
Die Buchse der Beifahrerseite und das dahinterliegende Fragment, vermutlich von einer alten Buchse:
Bereits lackierte und montageferitge Teile der Vorderachse:
Die Sintermetallbuchsen werden vor der Montage in Getriebeöl eingelegt, anschließend eingetrieben und mit einem Kalibrierdorn auf ihr Endmaß gebracht. Frage an euch: Würde mir jemand für diesen Arbeitsschritt einen solchen Kalibrierdorn leihweise zur Verfügung stellen?
Nachdem die Einzelteile, Achsgehäuse usw. lackiert wurden, wurden anschließend Lagerspiel des Differentialausgleichsgehäuses, Zahflankenspiel und Tragbild überprüft.
Das ist soweit Stand der Dinge, die Vorderachse befindet sich momentan im Aufbau.
Gruß in die Runde
Philip
mein Name ist Philip und ich bin im Nürnberger Land zu Hause. Hier im Forum lese ich immer wieder mal rein, die Beiträge sind teilweise sehr informativ.
Seiner Zeit eine KFZ-Lehre in einer Motoren- und Getriebewerkstatt absolviert, kaufte ich mein erstes Auto mit 17, noch bevor ich meinen richtigen Führerschein hatte, einen 1300er Käfer von 1970. Die Karre war überall durch, vom Vorderachsrahmen bis zu den Endspitzen. Werkzeug und Platz waren da, es konnte also los gehen.
So gesehen war das damals meine erste Restauration, auch wenn durch mangelnde Erfahrung die ein oder andere Schweißnaht etwas stümperhaft daherkam. Aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben, und mit der Zeit wurden weitere Fahrzeuge angeschafft und her gerichtet. Nachdem der zweier Golf das dritte mal im größten Schneetreiben im Jagdrevier festgefahren war, musste etwas mit Allradantrieb und Bodenfreiheit her. Ein Range Rover Classic folgte, später noch ein Land Rover Serie 3 und ein 123er Mercedes. Motoren und Getriebe wurden erfolgreich überholt und die Fahrzeuge begleiteten mich auf Reisen nach England und Skandinavien.
Seit vier Jahren beschäftige ich mich in der Theorie mit dem Thema Unimog, da ich schon seit geraumer Zeit angedacht habe, für Haus, Hof und nahe gelegenes Jagdrevier ein solches Fahrzeug anzuschaffen. Letztendlich habe ich mich für die Baureihe 421 entschieden und die Marktbeobachtungen auf dieses Modell beschränkt.
Ich war in den vergangenen zwei Jahren immer wieder unterwegs um mir Fahrzeuge die zum Verkauf standen anzusehen, wobei sich der Umkreis im 300 km Radius befand.
Einen scheinbar gut erhaltenen oder restaurierten Unimog zu kaufen hatte ich von Anfang an nicht vor, da ich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit "restaurierten Fahrzeugen" gemacht habe. Der ware Zustand der Technik offenbart sich meistens erst beim zerlegen. Es durfte schon einer sein, der etwas Arbeit brauchte. Die hohe Nachfrage und die verhältnismäßig krassen Preissteigerungen in den letzten drei Jahren - im gesamten Oldtimerbereich, nicht nur bei den Unimog - veranlassten mich schließlich zum Kauf.
Doch es sollte auch nicht irgendeiner sein. Die Fahrzeuge die ich mir angesehen habe waren teilweise in solch erbärmlichen Zustand, dass man sich überlegen musste, jenes nicht nur noch als Teilespender verwenden zu können, aber Preise aufrufen weit jenseits der 10 000 €. Die Bilder der Inserate aus 10m Entfernung aufgenommen, am Telefon schön geredet, "...läuft wunderbar, habe damit bis letztes Wochenende mein Brennholz gemacht! ...der Pritschenboden ist einwandfrei!"
Vor Ort hat sich dann rausgestellt, dass der Typ noch nie damit gearbeitet hat, selbst erst gekauft vor zwei Wochen, wahrscheinlich gerade mal für die Hälfte des von ihm ausgeschriebenen Preises. Kabine total verbeult, Bodenbleche und alle Ecken durchgerostet, Pritsche nur noch in Fragmenten vorhanden, sämtliche Luftleitungen durchgerostet, überall pfeift und zischt es, Bremsanlage außer Funktion usw.
Also weiter suchen. Auch verblüffend fand ich, dass die Fahrzeuge oft ohne Besichtigungstermin vom Telefon aus gekauft werden, die Inserate sind oft keinen Tag, ja manchmal nur wenige Minuten online. Mann musste also auf Draht sein, der Standort war mir inzwischen egal geworden, wichtig waren allgemeiner Zustand, Preis und Ausstattung.
Vergangenen Winter hatte ich dann Glück. An einem kalten Februar Abend wurde ein Inserat aufgegeben, keine 70 km von mir entfernt: Unimog 421, Baujahr 1968, 45PS Zapfwellen vorne und hinten, Hydraulik und großes Getriebe. Wurde angeblich nur zum Schnee räumen benutzt. Der Preis lag deutlich unter der Konkurrenz.
Ich schrieb den Verkäufer sofort an. Keine Antwort. Ich kontrollierte mehrmals am Abend das Postfach. keine Antwort. Wahrscheinlich schon verkauft, dachte ich. Nachts konnte ich nicht schlafen. Ich sah mir immer wieder die Bilder an. Am nächsten Morgen vor der Arbeit Postfach kontrolliert. Keine Antwort, Inserat noch online.
Gegen 10 Uhr Vormittags, bei einer erneuten Kontrolle meldete sich der Verkäufer. Ich könne nach der Arbeit gerne vorbei kommen, solle vorher aber anrufen ob er noch da ist, es hätten sich schon über 20 Leute gemeldet. Ich rief den Typen sofort an und gab ihm zu verstehen, dass ich sofort nach Feierabend vorbei komme, er solle die Anzeige bitte reservieren. Am anderen Ende der Leitung machte sich Ratlosigkeit bemerkbar, als er dann fragte was reservieren sei, erklärte ich ihm wie man bei kleinanzeigen ein Inserat reserviert.
Nach der Arbeit startete ich sofort zum Besichtigungstermin. Und tatsächlich, alles was der Verkäufer mit dem Mog gearbeitet hatet, bestand daraus, ein- bis zweimal im Jahr aus der Halle zu fahren und den Schnee vor der Halle weg zu schieben. Ca. 10 Jahre war er in dessen Besitz. Er erklärte mir den einzigen Schalthebel den er benutzt hat "...damit macht man den Rückwärtsgang rein, was anderes hab ich nie gebraucht..." Er wusste nicht für was die anderen Schalthebel da waren und wie man das Getriebe überhaupt schaltet. Auch auf die Frage wo der Ölpeilstab des Motors zu finden ist nur Ratlosigkeit, "...da hab ich nie was nachgefüllt..." erklärte er mir belustigt.
Ich startete den Motor und stellte einen ruhigen Motorlauf fest, ohne böse Geräusche. Das Öl am Peilstab war zwar pechschwarz, zeigte aber kein silbernes, durch Späne im Öl verursachtes Schimmern. Bei einer anschließenden Probefahrt vor der Halle stellte ich fest, dass zwar das Gaspedal in den Buchsen fest war, man musste es jedes mal von Hand zurück ziehen, dafür sich aber alle Gänge und der Allrad im Getriebe schalten liesen. Auch die Luftanlage ist einigermaßen dicht, nur am Bremsservo zischt es irgendwo leicht. Die Bremsanlage war gänzlich außer Funktion, im Ausgleichsbehälter gar keine Flüssigkeit mehr. Beim Griff nach der Handbremse waren die Bremsen auf der Hinterachse wie zu erwarten total festgegammelt. Der Typ regte sich noch auf "...kann doch nicht sein, die sind immer gegangen!". Klar, das letzte mal 1986. Was mir sofort aufgefallen ist, war das übermäßige Spiel im Lenkgetriebe. Welche Probleme die Ersatzteilversorgung auf diesem Sektor darstellte, war mir durch vorangegangene Recherchen bekannt.
Bis auf das Bodenblech im Fahrerfußraum ist die Kabine untenrum und an den Ecken nirgends durchgerostet, dafür hier und da verbeult, Pritsche und Bordwände brauchen Arbeit. Das Kabinendach ist stark aufgespachtelt, hier wird sich noch ein größerer Schaden offenbaren. Der Kippzylinder fehlt und es sind verschiedene Felgen montiert. Der Motor ist ein Original Tauschaggregat mit 1510 Stunden. Des weiteren ist noch eine Anbauplatte montiert. Nach einem kurzen Verhandlungsgespräch wurde der Mog dann gekauft und eine Woche später nach Hause transportiert, mit dazu gabs noch einen zweiten Luftpresser.
Nachdem sämtliche technischen Unterlagen, Werkstatthandbücher und Teilelisten besorgt waren, konnte es also los gehen.
Die Bremsanlage
Als erstes fing ich an die Bremsanlage auf der Hinterachse zu zerlegen. Da hier seit geschätzt 20 Jahren nichts mehr gemacht wurde, war die ganze Mechanik dermaßen festgerostet, dass ohne Flamme gar nichts mehr ging.
Behutsam wurde alles zerlegt und gesäubert, die Einzelteile gingen zum Sandstrahlen, wurden neu lackiert und neue Bremsbeläge wurden aufgenietet.
Rad- und Hauptbremszylinder wurden gesäubert, gehohnt, lackiert und mit Reparatursätzen versehen.
Anschließend wurde alles wieder montiert und neue Bremsleitungen für die Hinterachse angefertigt.
Das Lenkgetriebe
Nachdem ich die Vorderachse ausgebaut hatte - dazu später mehr - bot es sich auf Grund der günstigen Platzverhältnisse an, gleich das Lenkgetriebe mit auszubauen. Verbaut ist eine ZF-Gemmer Lenkung ohne Servo. Das ganze ging recht einfach von statten, nur der Bolzen war durch verharztes Fett und Rost etwas im Rahmen festgegammelt. Lies sich aber mit etwas Wärme und Kriechöl dann gut lösen. Beim öffnen des besagten Bauteils dann die Offenbarung. Die Lagerschalen der Lenkspindel wiesen bereits Materialausbrüche auf, von der Lenkspindel selbst fehlten bereits an mehreren Stellen große Stücke die sich unten im Gehäuse angesammelt hatten. Zudem waren die Buchsen der Lenkrollenwelle total ausgeschlagen.
Zum Glück war gerade zu dieser Zeit ein Lenkgetriebe diesen Typs inseriert. Der Verkäufer hatte auf Servolenkung umgerüstet und hatte das Bauteil in scheinbar gutem Zustand abzugeben. Nach einer Begutachtung wurde das Teil für brauchbar befunden und gekauft.
Ob die schwarze Sau im Sack gekauft wurde, wird sich dann allerdings erst im Betrieb zeigen.
Die Vorderachse
Nachdem die Bremsanlage auf der Hinterachse überholt war, war klar, dass selbiges auch an der Vorderachse von nöten ist. Beim Aufbocken des Fahrzeugs stellte ich dann fest, was ich schon vermutet hatte und schon bei anderen Fahrzeugen mit ähnlichen Achskonstruktionen beheben musste: beide unteren Schwenklager der Vorgelege waren ausgeschlagen.
Also demontierte ich die Vorgelege. Dabei zeigte sich, dass beide Lagerbuchsen in den Achsrohren gebrochen waren. Während auf der Fahrerseite noch der original Simmerring montiert war, wurde beifahrerseitig bei einer vergangenen Reparatur ein Verschleißring auf der Antriebswelle und ein Übermaß-Simmerring im Achsgehäuse montiert.
Fahrerseite:
Beifahrerseite:
Interessanterweise kam auf dieser Seite nach Demontage des Vorgeleges ein Lagerring zum Vorschein. Der lag einfach so im Achsrohr, auf dem Bild ganz gut zu erkennen. Da ich diesen auf keiner Teilezeichnung fand, konnte ich ihn nicht zuordnen und vermute, dass es sich um ein Bruchstück einer alten, schonmal getauschten Sintermetall-Lagerbuchse handelt.
Ich bekam das Teil auch nicht entfernt und entschied desshalb die Achse auszubauen, zu zerlegen und gleich alle Simmerringe und die beiden Buchsen zu erneuern.
Mit dem Hochdruckreiniger grob gesäubert:
Ein Halter wurde angefertigt um die Achse auf dem Motormontagebock zerlegen zu können:
Die Buchse der Beifahrerseite und das dahinterliegende Fragment, vermutlich von einer alten Buchse:
Bereits lackierte und montageferitge Teile der Vorderachse:
Die Sintermetallbuchsen werden vor der Montage in Getriebeöl eingelegt, anschließend eingetrieben und mit einem Kalibrierdorn auf ihr Endmaß gebracht. Frage an euch: Würde mir jemand für diesen Arbeitsschritt einen solchen Kalibrierdorn leihweise zur Verfügung stellen?
Nachdem die Einzelteile, Achsgehäuse usw. lackiert wurden, wurden anschließend Lagerspiel des Differentialausgleichsgehäuses, Zahflankenspiel und Tragbild überprüft.
Das ist soweit Stand der Dinge, die Vorderachse befindet sich momentan im Aufbau.
Gruß in die Runde
Philip
Zuletzt geändert von papacharlie am 05.06.2024, 21:06, insgesamt 1-mal geändert.