Hallo, Gruß an alle Leckölgeschädigten,
Nachfolgend wie versprochen ein paar Infos zum Thema Abdichtung Kurbelwelle, vorn am OM636. Ich reklamiere übrigens die Idee nicht für mich , der Vorschlag und seine Realisierung ist schon alt.
Unbedingt erwähnt werden muss, dass es unterschiedliche Lösungen gibt. Der Beitrag ist relativ lang , aber ihr wollt es ja genau wissen.
Erstmalig habe ich das an einem OM636 aus dem Baujahr 1955 mit Erfolg probiert. Hier war es ausreichend den Steuerdeckel für einen passenden WDR (Wellendichtring) auszufräsen und die hinter der Riemenscheibe liegende Mitnehmerbuchse neu zu fertigen oder anzupassen. Der WDR wurde von hinten eingesetzt. Dies ist die Variante Riemenscheibe und Mitnehmerbuchse als Einzelteile. Sie wurde von mir in der Clubzeitschrift 1/2003 des UVC-Unimog-Veteranen-Club Tecklenburg hinreichend dokumentiert.
Die spätere Änderung der Riemenscheibe und Mitnehmerbuchse zu einem Bauteil (fast alle 411) sind Gegenstand der nachfolgenden Beschreibung. Hier ist auch die Bohrung im Steuerdeckel anders, so dass im Gegensatz zur alten Variante ein Zwischenring sinnvoll ist.
Die Kenntnis der Demontage des Steuerdeckels und der Riemenscheibe wird vorausgesetzt.
Wichtigste Arbeiten, für die genaue Fräs-und Drehmaschinen erforderlich sind:
1.Bund im Steuerdeckel , in dem bisher das Ölrückführgewinde der Riemenscheibe lief, rückseitig plan abfräsen, die verbliebene Bohrung auf 66mm ausdrehen. Auf der plangefrästen Fläche und der Bohrung 66mm liegt später der Zwischenring an. Nicht mehr wie nötig abfräsen.
2.Drehen eines Zwischenringes, zweckmäßig aus Alu, nach Zeichnung, für Aufnahme WDR 45x60x8 (in meinem Fall BAUMSL7 mit FKM 585 -Dichtung und Staublippe von Simrit, Art.Nr. 407136 oder baugleich)
3.Bohren des Lochkreises im Steuerdeckel mit Gewinde M3 für die Befestigung des Zwischenringes.(wenn es passen soll zwischen Ring und Deckel, nur auf CNC) Wer meint, das Einkleben ausreichend sei, soll dies tun , dann entfallen der Lochkreis im Ring und im Deckel und die Verschraubung.
4.Abdrehen des Ölrückschleudergewindes auf der Riemenscheibe auf Passung 45h11 und evtl. Schleifen (Feindrehen)der Rautiefe für den Innendurchmesser des WDR
5.Anfertigen eines Zentrierringes: Außendurchmesser= Innen-durchmesser Zwischenring, Innendurchmesser = Kurbelwellen-durchmesser . Dient nur als Montagehilfe.
6.Abdrehen des Ölförderringes (Blechteil), der hinter der Riemenscheibe auf der Kurbelwelle sitzt, um 12 mm. Er würde sonst an den Zwischenring bei montiertem Steuerdeckel anstoßen. (Um die Spritzölförderung für Nockenwellenrad und das Antriebsrad der Einspritzpumpe weiter zu gewährleisten, habe ich den abgedrehten Deckel an zwei Stellen 3mm eingesägt und etwas ausgebogen in der Hoffnung , dass die Zacken das Öl wieder an die Zahnräder befördern .
Montage:
1. WDR mit Sonderwerkzeug entsprechend Vorschrift und Sorgfalt von vorn in den Zwischenring einsetzen. Dichtkante einfetten. (Hinweis: Technische Grundlagen
www.simrit.de oder Katalog) Zwischenring dann mit 8 Innensechskantschrauben M3 im Steuerdeckel von innen verschrauben. Anlageflächen vorher abdichten mit Dirko oder ähnl.
2.Abgedrehten Ölförderring auf Kurbelwelle aufschieben.
3.Steuerdeckel mit Dichtmasse bestreichen oder mit Dichtung am Block und Ölwanne anheften.
4.Zentrierring zur Fixierung des Steuerdeckels zur Kurbelwelle auf Kurbelwelle und in Zwischenring einschieben. Wichtig , damit der WDR später zentrisch zur Riemenscheibe läuft. (Die Passstifte des Steuerdeckels verdienen ihren Namen nicht.)
5.Steuerdeckel rundum anziehen. Zentrierring herausnehmen.
6.Bearbeitete Riemenscheibe vorsichtig in den WDR bis Anschlag einschieben und mit vorderer Riemenscheibe gemeinsam an Kurbelwelle befestigen. Fertig.
Wenn die Teile passgenau gefertigt werden, und die Montage mit aller Sorgfalt erfolgt, hat der WDR ein langes Leben und gute Dichtwirkung. Lediglich am Anfang gab es sehr geringfügige Leckagen, die mehr als Ölschwitze denn als Ölaustritt zu bezeichnen wären, wahrscheinlich vom Fett bei der Montage. 330 Betriebsstunden sind noch nicht allzu viel, aber der Bereich der Motoraufhängung ist jetzt ölfrei. Für Motorüberholungen sehr zu empfehlen.
Vielleicht gibt es auch andere und bessere Lösungen. Ich habe aber Wert darauf gelegt, dass der WDR im Falle des Auswechselns ohne Demontage des Steuerdeckels von vorne erfolgen kann und der Schaft der Riemen-scheibe so wenig wie möglich geschwächt wird. Als Kompromiss musste der Ölförderring abgedreht werden. Nach ca. 15 min Lauf hat aber bei mir der gestutzte und modifizierte Ölförderring offensichtlich seine Pflicht schon getan, da der noch offene Bereich im Steuerdeckel, wo sonst der Stundenzähler sitzt, schon mit Öl bespritzt wurde. Da der Ölstand hinter dem Steuerdeckel erst langsam vom Kurbelgehäuse her aufgebaut wird, habe ich vorab vom Nockenwellenrad her etwa 0,8 l Motorenöl mit einer Spritze eingefüllt, damit die Schmierung der Zahnräder von Anfang an gewährleistet ist.
Jegliche Haftung für Schäden irgendwelcher Art oder Folgeschäden durch den Nachbau schließt der Verfasser jedoch ausdrücklich aus.
Und nun zu den
Kosten:
Ich hatte das Glück, dass ein Unimogfreund von mir eine CNC-Werkstatt Fräsen/Drehen besitzt und mir die Teile als Freundschaftsdienst fertigte. Der WDR kostet etwa 15,-¤ + Steuer+Porto. Für die Gesamtkosten würde ich zwischen 80-100¤ schätzen falls es als regulärer Auftrag abgearbeitet wird. Die Investition zahlt sich bei ordnungsgemäßer Ausführung aus. Zwei neue Buchsen für die Motorlagerung, vorn kosten schon ca. 30, - ¤.
Sollte weitergehendes Interesse an Zeichnungen bestehen, kann ich den Beitrag ergänzen. Z.Zt. liegen nur Handskizzen vor.
Viel Spaß beim Schrauben wünscht
Heinz401