- 05.07.2007, 17:33
#157738
Hallo, Heinz,
ich versuche es mal ansatzweise, obwohl das Thema derart komplex ist, dass man ein Buch darüber schreiben könnte:
Getriebeöl wird im wesentlichen nach Grundölart, Bereich, Viskosität und Legierungsqualität beurteilt.
Grundölart = synthetisch oder mineralisch bzw. bei manchen Ölen noch teilsynthetisch.
Bereich = Einbereichsöl oder Mehrbereichsöl. Ein Einbereichsöl besitzt eine fest eingestellte Zähflüssigkeit. Eine Bezeichnung für ein Einbereichsöl wäre demnach z.B. SAE 80.
Ein Mehrbereichsöl deckt aufgrund spezieller Molekülstrukturen einen weiteren Viskositätsbereich ab. Eine Bezeichnung wäre z.B. SAE 75 W 90.
Das W steht dabei für Wintertauglichkeit, gemeint ist damit eigentlich die ganzjährige Verwendbarkeit. Die zwei bezeichnenden Viskositäten entsprechen dabei dem messbaren Wert bei ca. -18 Grad Celsius und ca. 99 Grad Celsius.
Viskosität = Zähflüssigkeit - wird (immer noch) bewertet nach dem (eigentlich schon veralteten) SAE-Maßstab. Getriebeöle liegen meist zwischen 70 (dünn) und 90 (dick). Darüber gibt es noch höhere Werte bis etwa 130, die aber bereits als Getriebefließfett zu bezeichnen sind.
Legierungsqualität = Additivierung, also Ausstattung mit Zusatzstoffen, die Druckstabilität, Reibung, Alterung, u.s.w. erhöhen.
Die Legierungsqualität wird mit GL bezeichnet. Die Skala geht zur Zeit von 1 bis 6, wobei Öle unter 3 nicht mehr erhältlich sind, ein Quasi-Standard ist zur Zeit das Öl der Legierung GL4, erhöhte Anforderungen deckt GL5 in der Regel ab (Hypoid-Getriebe). GL5 wird deshalb oft auch als "Hypoid-Getriebeöl" bezeichnet, was aber de facto falsch ist, da mit Hypoid eine spezielle Verzahnungsart eines achsversetzten Kegelradantriebes bezeichnet wird)
Mischen von Getriebeölen:
Grundsätzlich: Je mehr Eigenschaften übereinstimmen, desto unproblematischer ist das Mischen.
Öle mit gleicher Bezeichnung in allen oben beschriebenen Merkmalen sind untereinander immer ohne Probleme mischbar.
Unterscheidet sich nur die Viskosität, ist es in der Regel ebenfalls mischbar. Das Ergebnis ist dann eine Viskosität, die (anteilig zu berechnen) zwischen den beiden Mischungspartnern liegt.
Ein- / Mehrbereichsöle sind, wenn sonst alle anderen Faktoren gleich sind, ebenfalls mischbar. Sie sollten aber auf jeden Fall der gleichen Grundölart und die gleichen Legierungsstufe angehören.
Beim Mischen von synthetischem und mineralischen Öl gehen die Meinungen stark auseinander. Da jedoch die Grundstoffe von synthetischen Ölen ebenfalls mineralischen Ursprungs sind, ist es prinzipiell wohl in den meisten Fällen möglich, es sollten aber Versuche vorausgehen.
Das Mischen von Ölen unterschiedlicher Legierungen ist nicht angeraten. Die Rezepte der Additivierung sind derart unterschiedlich, dass nicht auszuschließen ist, dass sich Additive gegenseitig stören und in ihrer Wirkung verändern. Auswirkungen auf Werkstoffe im Getriebe, wie Bronze-Teile, Dichtungen und anderes sind nicht vorhersehbar.
Grundsätzlich gilt auch: Beim Mischen zweier Partner von unterschiedlicher Qualität entspricht das Endprodukt qualitativ dem schlechteren Mischungspartner.
Quintessenz: Mischen von Ölen, die in allen Merkmalen gleich sind, ist problemlos, alle anderen Fälle sollten auf den Notfall beschränkt bleiben.
Grüße
Holger
There is no absolute knowledge. And those who claim it, whether they are scientists or dogmatists, open the door to tragedy. All information is imperfect. We have to treat it with humility.
Jacob Bronowski, scientist, "The Ascent of Man", 1973