- 01.09.2003, 23:56
#4687
Bei wichtigen Dingen pfuscht man. Mit Fan-Sites im Netz beschäftigt sich die Rechtabteilung. Danke DC, danke Telekom. Man lacht mal wieder über den Industriestandort Deutschland. Ich möchte gerne Mäuschen spielen und wissen, was bei diesem Deal an *Provisionen* geflossen ist.
Thorsten
Manager-Magazin Heft 9/2003
L K W - M A U T
Tollhäuschen
Von Eva Müller und Anne Preissner
Mit der EU-Kommission hat sich Verkehrsminister Manfred Stolpe vorerst geeinigt. Doch das Chaos geht weiter. Das Projekt Lkw-Maut wird wohl auch Anfang November nicht starten können.
München - Panik in Karlsfeld. Die Computer im Rechenzentrum von T-Systems nordwestlich von München stürzen reihenweise ab. Statt Autobahnkilometer zu addieren und Gebühren zu kalkulieren, melden die Bildschirme Fehler über Fehler.
Schuld an dem Black-out trägt nicht die Rekordhitze dieses Sommers, sondern mangelhafte Software. In den klimatisierten Räumen laufen seit Juli die Tests für das komplexe System zur Erhebung der Lkw-Maut. Ernüchterndes Resultat: Viele Komponenten sind nicht fertig, kleinste Eingabefehler verursachen einen Systemkollaps, das Zusammenspiel der Module klappt erst recht nicht.
\"Toll Collect\", das Prestigeprojekt von DaimlerChrysler und Telekom , entwickelt sich zu einer Blamage für die deutsche Hightech-Industrie. Statt mit einem Exportschlager glänzen zu können, müssen die Projektverantwortlichen - DaimlerChrysler-Vorstand Klaus Mangold (60) und T-Systems-Chef Konrad Reiss (45) - eine peinliche Niederlage nach der anderen einstecken.
Probleme wurden immer wieder dementiert
Was manager magazin schon frühzeitig schilderte (siehe mm 3/2003), wurde - allen Dementis zum Trotz - Realität: Das Mautsystem geht zum ursprünglich geplanten Termin am 31. August nicht in Betrieb.
Es kommt voraussichtlich aber noch schlimmer. Auch der auf Anfang November verschobene Start von Toll Collect ist illusorisch.
Die Software ist nur in Teilen fertig gestellt
Entscheidendes Problem: Die Software, die das aufwändige System steuert, ist nur in Teilen fertig gestellt. Sie wurde zudem noch nie bei hoher Belastung erprobt.
Das ist fatal, denn bei der Herstellung von Computerprogrammen offenbart erst die Testphase, welcher zusätzliche Arbeitsaufwand noch entsteht. Gerade bei komplexen Projekten können die Probeläufe erfahrungsgemäß mehr als die Hälfte des Zeitbedarfs verschlingen, der für das gesamte Vorhaben veranschlagt ist.
Selbst wenn bis zum Herbst genügend mobile Signalmelder (On-Board-Units) für den Einbau in Lkw, ausreichend Kontrollbrücken und tausende Zahlautomaten an Tankstellen vorhanden wären - das System wird wegen der Mängel der zentralen Software nicht reibungslos funktionieren.
Kein Wunder, dass Insider für den November ein Schreckensszenario entwerfen: Fahrten, so fürchten sie, werden falsch erfasst, Spediteure erhalten fehlerhafte Rechnungen, Mautpreller kommen ungeschoren davon. Frühestens ein Jahr nach Aufnahme des Probebetriebs im September kann das System nach Meinung von Experten ausgereift sein.
Wie konnte das in der Theorie modernste Mautsystem der Welt in der praktischen Ausführung zu einem derartigen Fehlschlag werden? Der Fall Toll Collect ist in erster Linie ein Paradebeispiel für dilettantisches Management. Die fünf gravierendsten Fehler:
-Blinder Optimismus: Die Toll-Collect-Konsorten unterschrieben im September 2002 fahrlässigerweise den Vertrag mit dem Bundesverkehrsministerium. Schon damals warnten interne Gutachten, das System könne nie innerhalb des knappen Zeitbudgets fertig gestellt werden.
-Gutgläubigkeit: DaimlerChrysler-Vorstand Mangold und der damals noch für T-Systems zuständige Telekom-Vorstand Josef Brauner (53) vertrauten kritiklos den Präsentationen ihrer Projektmanager. Wie weit die \"Folienware\" tatsächlich in Programmcodes umgesetzt wurde, überprüfte niemand.
-Falsche Planung: Die Betreiber und der Auftraggeber Verkehrsministerium gingen von völlig unrealistischen Voraussetzungen aus, unterschätzten etwa den Bedarf an On-Board-Units zum Einbau in die Lkw dramatisch.
-Mangelnde Koordination: Die diversen Abteilungen bei T-Systems, DaimlerChrysler und Zulieferern wie Grundig werkelten ohne Abstimmung an Einzelteilen des Systems. Die Beteiligten einigten sich weder auf gemeinsame Standards, noch unterrichteten sie sich gegenseitig über den Stand der Dinge.
Fehlendes Controlling: Toll-Collect-Geschäftsführer Michael Rummel (47) verließ sich auf die Verträge, die er mit seinen Lieferanten geschlossen hatte. Der Jurist sah keine Notwendigkeit zu überprüfen, ob die Vereinbarungen denn auch eingehalten wurden.
Wirklich schade. Denn die Idee der automatischen Mauterhebung besticht. Autobahngebühren werden nicht primitiv an Schalterhäuschen kassiert (wie in Frankreich und Italien) oder durch den Verkauf von Vignetten eingezogen (Schweiz, Österreich), sondern per Satellit erfasst.
Woran es beim deutschen Weg hapert, ist die Umsetzung im Projektmanagement.
Dass es auch professionell geht, zeigen die Österreicher. Ein weithin unbekanntes Unternehmen namens Europpass GmbH in Klagenfurt entwickelt ein System, das dem deutschen sehr ähnelt.
Selbst kritische Verkehrsexperten sind überzeugt, dass die automatische Erfassung der Lkw-Maut im Nachbarland zum 1. Januar 2004 ohne große technische Pannen beginnen kann.
Thorsten
Manager-Magazin Heft 9/2003
L K W - M A U T
Tollhäuschen
Von Eva Müller und Anne Preissner
Mit der EU-Kommission hat sich Verkehrsminister Manfred Stolpe vorerst geeinigt. Doch das Chaos geht weiter. Das Projekt Lkw-Maut wird wohl auch Anfang November nicht starten können.
München - Panik in Karlsfeld. Die Computer im Rechenzentrum von T-Systems nordwestlich von München stürzen reihenweise ab. Statt Autobahnkilometer zu addieren und Gebühren zu kalkulieren, melden die Bildschirme Fehler über Fehler.
Schuld an dem Black-out trägt nicht die Rekordhitze dieses Sommers, sondern mangelhafte Software. In den klimatisierten Räumen laufen seit Juli die Tests für das komplexe System zur Erhebung der Lkw-Maut. Ernüchterndes Resultat: Viele Komponenten sind nicht fertig, kleinste Eingabefehler verursachen einen Systemkollaps, das Zusammenspiel der Module klappt erst recht nicht.
\"Toll Collect\", das Prestigeprojekt von DaimlerChrysler und Telekom , entwickelt sich zu einer Blamage für die deutsche Hightech-Industrie. Statt mit einem Exportschlager glänzen zu können, müssen die Projektverantwortlichen - DaimlerChrysler-Vorstand Klaus Mangold (60) und T-Systems-Chef Konrad Reiss (45) - eine peinliche Niederlage nach der anderen einstecken.
Probleme wurden immer wieder dementiert
Was manager magazin schon frühzeitig schilderte (siehe mm 3/2003), wurde - allen Dementis zum Trotz - Realität: Das Mautsystem geht zum ursprünglich geplanten Termin am 31. August nicht in Betrieb.
Es kommt voraussichtlich aber noch schlimmer. Auch der auf Anfang November verschobene Start von Toll Collect ist illusorisch.
Die Software ist nur in Teilen fertig gestellt
Entscheidendes Problem: Die Software, die das aufwändige System steuert, ist nur in Teilen fertig gestellt. Sie wurde zudem noch nie bei hoher Belastung erprobt.
Das ist fatal, denn bei der Herstellung von Computerprogrammen offenbart erst die Testphase, welcher zusätzliche Arbeitsaufwand noch entsteht. Gerade bei komplexen Projekten können die Probeläufe erfahrungsgemäß mehr als die Hälfte des Zeitbedarfs verschlingen, der für das gesamte Vorhaben veranschlagt ist.
Selbst wenn bis zum Herbst genügend mobile Signalmelder (On-Board-Units) für den Einbau in Lkw, ausreichend Kontrollbrücken und tausende Zahlautomaten an Tankstellen vorhanden wären - das System wird wegen der Mängel der zentralen Software nicht reibungslos funktionieren.
Kein Wunder, dass Insider für den November ein Schreckensszenario entwerfen: Fahrten, so fürchten sie, werden falsch erfasst, Spediteure erhalten fehlerhafte Rechnungen, Mautpreller kommen ungeschoren davon. Frühestens ein Jahr nach Aufnahme des Probebetriebs im September kann das System nach Meinung von Experten ausgereift sein.
Wie konnte das in der Theorie modernste Mautsystem der Welt in der praktischen Ausführung zu einem derartigen Fehlschlag werden? Der Fall Toll Collect ist in erster Linie ein Paradebeispiel für dilettantisches Management. Die fünf gravierendsten Fehler:
-Blinder Optimismus: Die Toll-Collect-Konsorten unterschrieben im September 2002 fahrlässigerweise den Vertrag mit dem Bundesverkehrsministerium. Schon damals warnten interne Gutachten, das System könne nie innerhalb des knappen Zeitbudgets fertig gestellt werden.
-Gutgläubigkeit: DaimlerChrysler-Vorstand Mangold und der damals noch für T-Systems zuständige Telekom-Vorstand Josef Brauner (53) vertrauten kritiklos den Präsentationen ihrer Projektmanager. Wie weit die \"Folienware\" tatsächlich in Programmcodes umgesetzt wurde, überprüfte niemand.
-Falsche Planung: Die Betreiber und der Auftraggeber Verkehrsministerium gingen von völlig unrealistischen Voraussetzungen aus, unterschätzten etwa den Bedarf an On-Board-Units zum Einbau in die Lkw dramatisch.
-Mangelnde Koordination: Die diversen Abteilungen bei T-Systems, DaimlerChrysler und Zulieferern wie Grundig werkelten ohne Abstimmung an Einzelteilen des Systems. Die Beteiligten einigten sich weder auf gemeinsame Standards, noch unterrichteten sie sich gegenseitig über den Stand der Dinge.
Fehlendes Controlling: Toll-Collect-Geschäftsführer Michael Rummel (47) verließ sich auf die Verträge, die er mit seinen Lieferanten geschlossen hatte. Der Jurist sah keine Notwendigkeit zu überprüfen, ob die Vereinbarungen denn auch eingehalten wurden.
Wirklich schade. Denn die Idee der automatischen Mauterhebung besticht. Autobahngebühren werden nicht primitiv an Schalterhäuschen kassiert (wie in Frankreich und Italien) oder durch den Verkauf von Vignetten eingezogen (Schweiz, Österreich), sondern per Satellit erfasst.
Woran es beim deutschen Weg hapert, ist die Umsetzung im Projektmanagement.
Dass es auch professionell geht, zeigen die Österreicher. Ein weithin unbekanntes Unternehmen namens Europpass GmbH in Klagenfurt entwickelt ein System, das dem deutschen sehr ähnelt.
Selbst kritische Verkehrsexperten sind überzeugt, dass die automatische Erfassung der Lkw-Maut im Nachbarland zum 1. Januar 2004 ohne große technische Pannen beginnen kann.
Ich glaube an den Unimog. Andere Automobile sind eine vorübergehende Erscheinung.
Frei nach Kaiser Wilhelm dem II. (1859-1941)
Frei nach Kaiser Wilhelm dem II. (1859-1941)