Als langjähriger Fan des Zeichners Hans Liska glaubte ich, alle seine Unimog-Zeichnungen zu kennen. Jetzt begegnete mir im Archiv von Daimler doch noch ein mir bis dahin unbekanntes Bild mit einem Unimog mit 25 PS bei der Feldarbeit. Es könnte in einem Kalender mit anderen Fahrzeugmotiven veröffentlicht worden sein. So wie das Motiv “Weinlese”. Wer kann etwas darüber sagen?
Besonderer Humor: Weil auch das Lenkrad fehlt, ist der Unimog “steuerfrei”.
2016 haben wir monatlich die Zeichnungen vorgesellt, die der begnadete Zeichner für den Unimog-Kalender von 1957 anfertigte. Auch in seinen Skizzenbüchern, die er Anfang der 1950er Jahre für Mercedes-Benz gestaltete, sind immer mal wieder Unimog-Szenen zu finden.
Kalenderblatt “Weinlese” aus einem Mercedes-Kalender mit verschiedenen Fahrzeugmotiven
Wir wurden immer mal wieder gefragt, wer denn Hans Liska war. In meinem Band 3 der “Geschichten rund um den Unimog” habe ich eine von ihm selbst geschriebene Biographie veröffentlicht, die ich hier gerne wiedergebe. Das Buch ist im Unimog-Museum erhältlich oder
über www.buchundbild.de zu beziehen.
Michael Wessel
Selbsbildnis in einem seiner Skizzenbücher
Hans Liska, 1907 – 1983
Der zeichnende Reporter
Dem Zeichner Hans Liska verdanken wir in der Unimog-Szene reizvolle Darstellungen des Unimog in seinen vielfältigen Einsatzgebieten. Einige davon wurden in seinen „Skizzenbüchern“, die er in den 50er Jahren für Mercedes-Benz zeichnete, veröffentlicht. Mancher wird sich daher die Frage gestellt haben, wer war dieser Zeichner?
1907 in Wien geboren, wäre er 2007 einhundert Jahre alt geworden. Dies gab Anlass für eine Liska-Ausstellung im Unimog-Museum.
Die Töchter von Hans Liska bei der Ausstellung im Unimog-Museum 2007
Noch zu Lebzeiten hat Hans Liska 1985 in dem Buch „malerisches Kulmbach“, im Verlag E. C. Baumann KG in Kulmbach erschienen, seine Biographie geschrieben:
“Geboren wurde ich in Wien und bin glücklich, mütterlicherseits eine Portion Humor geerbt zu haben. Mein braver Vater wurde 1914 am Tage meiner Einschulung zum Kriegsdienst eingezogen. Meine Mutter – selbst unmusikalisch – zwang mich, Violine und Klavier zu lernen; ich erwähne dies besonders, weil ich später ohne diese musikalischen Kenntnisse nie hätte studieren können. Ein Lehrer, der mir aus einer amerikanischen Hilfsspende Zeichenmaterial schenkte, weckte mein Talent, und ich wollte unbedingt Zeichner werden. Vorerst musste ich aber zwei Jahre eine Handelsschule besuchen. Schon in dieser Zeit spielte ich in einem heute bekannten Wiener Fußballklub alle Sonntage Klavier, mit einem Teller für Honorarspenden auf dem Piano. Bei den Schwerathleten „untermalte“ ich musikalisch das Heben der Gewichte mit den Lieblingsmelodien der Sportler.
Meine erste Stelle als Kontorist hatte ich in einem Glashäuschen mitten zwischen schweren Schmiedehämmern, wo ich die Löhne ausrechnete. Später wechselte ich in ein fensterloses Büro einer wesentlich leiseren Großkonditorei, um Lieferscheine und Rechnungen auszustellen. Abends war ich zweimal die Woche in einer Tanzschule als „Orchester“ eingesetzt.
In einem Saal des Hotels „Post“ im ersten Bezirk, wo die Schüler nach meinem Klavier übten, fand eine große Veranstaltung statt, bei der auch zwei beliebte Wiener Volkssänger auftreten sollten. Da der Pianist noch vom Vortag k. o. war, fragte der Veranstalter mich, ob ich aushelfen könnte. Nach einer kurzen Probe hinter dem Vorhang saß ich mit Lampenfieber vor dem Publikum. Die Sänger waren natürlich auch nervös. Der eine übersprang eine Textpassage, doch da ich mehr auf die Künstler als auf die Noten schaute, schaltete ich sofort, improvisierte ein paar Takte Zwischenmusik und führte das Duett wieder ins Gleis. Wie ich später erfuhr, hat das Publikum nichts gemerkt. Natürlich waren die beiden Sänger sehr froh und machten mir das Angebot, sie ständig zu begleiten. Da das Duo Svoboda und Ullrich sehr beschäftigt war und jeder vom Honorar ein Drittel bekam, verdiente ich nun mehr als im Büro.
Mein Chef, der meine Neigung zur Zeichnerei unterstützte, kündigte mir auf meine Bitte. Als „Arbeitsloser“ konnte ich nun endlich meine Eltern überreden, mich an eine Kunstschule zu lassen. Damals sah ich in der Presse die ersten Zeichnungen des genialen Zeichners Theo Matejko, und es war vom ersten Tag an mein Wunsch, ihm nachzueifern. Auch Egon Erwin Kisch, dessen „Rasenden Reporter“ ich unzählige Male verschlang, hatte ich mir als Vorbild gewählt.
Nach dem Besuch der graphischen Lehr- und Versuchsanstalt ging ich in die Wiener Kunstgewerbeschule, die unter der Leitung des großen Alfred Roller stand. Ich war Schüler Berthold Löfflers, eines Freundes von Oskar Kokoschka.
Über die Schule, in der man mir für später eine Assistentenstelle in Aussicht gestellt hatte, wurde ich in die Schweiz als Gebrauchsgraphiker vermittelt. Bei meiner Ankunft in St. Gallen war die betreffende Firma allerdings längst pleite; man verschaffte mir jedoch umgehend eine Stelle in Zürich. Nach einem Jahr bekam ich das Angebot, das Atelier in einer großen Werbeagentur zu leiten.
In Zürich nahm ich einige Sprachstunden bei einem gewissen James Joyce. In der ersten Stunde fand jeder Schüler auf seinem Platz die Visitenkarte des Lehrers, auf der etwa ein Dutzend seiner Ehrendoktor-Titel der berühmtesten Universitäten der Welt standen. Ich hielt dies im Hinblick auf das schäbige Aussehen des Mannes für einen billigen Reklameschwindel. Erst später musste ich beschämt erfahren, dass ich, wenn auch nur kurz, Schüler des berühmten Dichters von „Ulysses“ gewesen war.
Als ich genügend Geld gespart hatte, ging ich zur Fortsetzung meines Studiums nach München. An einem windigen regnerischen Tag stand ich verlassen am Bahnhofsplatz, ohne zu wissen, an welche Schule ich nun eigentlich wollte. Auch hatte ich noch keine Unterkunft. Da trieb mir der Wind eine nasse Buchseite vor die Füße, welche wohl – es waren Erdbeerflecken darauf – als Einwickelpapier gedient hatte. Ich las die Verse von Wilhelm Busch:
„Wenn wer sich wo als Lump erwiesen,
so bringt man in der Regel diesen
zum Zwecke moralischer Erhebung
in eine andere Umgebung.
Der Zweck ist gut, der Ort ist neu,
der alte Lump ist auch dabei.“
Dass mir daraufhin die Sonne geschienen hat, können Sie sich lebhaft vorstellen. Ich meldete mich an der Kunstgewerbeschule an und wurde nach einer Aufnahmeprüfung in die Klassen von Professor Emil Prätorius und Walther Teutsch aufgenommen.
Nach zwei Jahren schickte ich an den Verlag Ullstein eine Zeichnung. Es war einer der schönsten Tage meines Lebens, als man mir mitteilte, dass die Zeichnung für die „Berliner Illustrierte“ angenommen war. Sei erschien als Rückseite der Silvesternummer 1932/33. Der Verlag bot mir an, nach Berlin zu kommen, wo ich am 1. Mai mit dem Zug auf dem Anhalter Bahnhof eintraf. Der Verlagsdirektor Szafranski verpflichtete mich mit der Auflage, dass ich auf Kosten des Verlages einige Jahre an der Kunsthochschule weiterlernen sollte, um dann bei der Illustrierten eingestellt zu werden. Der damalige Chefredakteur, Herr Korf, emigrierte übrigens einige Monate später nach den USA und gründete die Zeitschrift „Life“. Ich meldete mich also an der Kunsthochschule am Steinplatz an. Professor Ferdinand Spiegel, dem ich mit meinen 25 Jahren schon zu alt war, wollte mich erst nicht aufnehmen. Aber dann ließ er sich doch durch meine Arbeiten überzeugen. Er war ein großartiger Lehrer, Freund und Vater für uns, seine Schüler. Für mich war also ein Jugendziel in Erfüllung gegangen: Ich durfte neben Matejko in der damals größten Illustrierten der Welt Zeichnungen veröffentlichen.
Die Aufgabe eines zeichnenden Reporters besteht darin, so zu berichten, dass beim Betrachter der Eindruck entsteht, dabei gewesen zu sein. Ich wurde zu verschiedenen Autorennen – auch in die USA – geschickt, ebenfalls zum Königsbegräbnis nach London und Windsor, um nur einige Anlässe zu nennen.
Auch neue Erfindungen und Utopien real im Bild darzustellen, gehörte zu meinen Aufgaben. Sehr oft musste ich nach Plänen für Bauprojekte den späteren Fertigzustand zeichnen. Diese Gabe brachte mich später ein paar mal im Krieg mit der Abwehr in Schwierigkeiten. Da ich manchmal beispielsweise Panzer oder Flugzeuge, welche noch nicht gezeigt werden durften, verändert wiedergeben musste, stellte sich zuweilen nachträglich heraus, dass ich künftige Entwicklungen vorweggenommen hatte. Nach Ausbruch des Krieges wurde ich zu einer Propaganda-Kompanie eingezogen und einer Sonderstaffel zugeteilt. Ich war fast an allen Fronten und bei fast allen Waffengattungen eingesetzt. Am liebsten zeichnete ich aber Flugzeuge. Noch heute bin ich stolz darauf, dass viele dieser Zeichnungen schon damals in neutralen Ländern veröffentlicht wurden.
Mein gegen Ende 1944 herausgekommenes Kriegs-Skizzenbuch war schnell vergriffen. Noch heute werde ich oft wegen dieser Arbeit angeschrieben, vor allem aus dem Ausland. Ich bin daher sehr glücklich, dass dieser vorliegende Nachdruck möglich wurde. Das Ende des Krieges erlebte ich in einem kleinen fränkischen Dorf. Eines Morgens wollte ich zu unserer Kompanie im Nachbardorf, als mich amerikanische Panzer, voll gepfropft mit deutschen Gefangenen, überholten. Ich schulte sofort auf Landarbeiter um und wohne bis heute fern der Städte.
In dem Dorfe entfaltete sich damals eine rege Tätigkeit. Von den Zurückgebliebenen wurde ein Zeitschriftenprojekt entwickelt, eine der heute großen Illustrierten, bei der ich dann einige Jahre später weiterarbeitete. In den folgenden Jahren – und bis heute – habe ich auch rein gebrauchsgrafische Arbeiten gemacht, dabei allerdings immer Wert darauf gelegt, mich nur für erstklassige Produkte einzusetzen. Diese Einschränkung hat den Vorzug, dass im Laufe der Zeit aus der beruflichen Zusammenarbeit freundschaftliche Bindungen entstanden sind.
Ich arbeite sehr gerne. Mein durchschnittliches Pensum sind 8 – 12 Stunden. Natürlich habe ich Fehlschläge einzustecken. Die Unzulänglichkeit zwischen Wollen und Können geht zwar an die Nieren, aber das Gefühl trotz des vorgerückten Alters noch Lebender sein zu können, macht mich sehr froh. Wenn es mir gelungen ist, zeichnerische Berichterstattung mit etwas Qualität zu machen, bin ich zufrieden.
Oft werde ich nach meiner Meinung über moderne Kunst gefragt. Nun, ich stehe ihr, wo es sich um echte Qualität handelt, sehr positiv gegenüber.
Das einzige Bild, das in meiner Werkstatt hängt, ist eine große abstrakte Malerei, welche ich mir von einem Kollegen gekauft habe und die mir jeden Tag Freude macht. Von den Malern unserer Zeit verehre ich vor allem Oskar Kokoschka, die geniale, vielseitige Kunst Picassos und Max Ernst. Natürlich habe ich auch für mich zum Spaß versucht, gegenstandslose Motive zu gestalten. Sie sind manchmal sogar gut gelungen, wären aber von meiner Hand gelogen. In einem Fernsehinterview sagte einmal ein konstruierender Künstler: „Realität ist unerträglich.“
Er hat wahrscheinlich Recht.”
Der kleine Unimog und sein großer Bruder