Etwas zum Schmunzeln
Gerhard Hinrichs, langjähriger Werkstattleiter der früheren Unimog-Generalvertretung Hans-Henning Endres in Berlin, sowie Christoph Lehmann und Hans-Rüdiger Endres verdanken wir interessante Geschichten aus den ersten Unimog-Jahren. Der Cartoonist Dirk Meissner hat sie illustriert.
Wir freuen uns, dass Hans-Rüdiger Endres uns diese Reihe für eine monatliche Veröffentlichung im Newsletter zur Verfügung gestellt hat.
1954 im Frühjahr
Im Schneckentempo auf dem Kaiserdamm
Eine der zahlreichen Unimog-Vorführungen wurde durch zu niedrige Geschwindigkeit zur Anekdote, wie Gerhard Hinrichs berichtet. Diesmal sollte einem Abrissunternehmer der Unimog schmackhaft gemacht werden. Der Schutt einer Ruine in Berlin-Kreuzberg sollte zur Deponie gefahren werden. Der Unternehmer wollte dem Bewerber natürlich richtig auf den Zahn fühlen und schickte den Vorführzug über die Straße des 17. Juni, die in die Bismarckstraße und später in den ansteigenden Kaiserdamm übergeht. Selbstverständlich waren die zwei Anhänger randvoll beladen und hätten somit einen dienstbeflissenen Polizisten zu ehrgeizigen Taten aufrufen können. Am steilsten Stück des Kaiserdamms kroch der Unimog mit „mittlerer Handwagengeschwindigkeit“ die Straße hinauf. Jeder, der einmal selbst einen U 25 gefahren hat, weiß, wie schwierig ein Wechsel vom zweiten in den dritten Gang ist. Meistens begnügt man sich also mit dem zweiten Gang, um das Gespann nicht zum völligen Stillstand zu bringen.
Im Rückspiegel des Unimog tauchte auch bald ein VW-Käfer im typischen Dunkelblau der Berliner Polizei auf. Der Beifahrer winkte schon wichtig mit der rotweißen Kelle und ließ den Lastzug anhalten.
Hinrichs, im grauen Kittel mit Mercedes-Stern, stieg aus und erkundigte sich betont freundlich, was er denn wohl falsch gemacht hätte. Den Ball flach zu halten war für ihn oberstes Gebot, denn zu dieser Zeit konnte er noch nicht den längst fälligen Führerschein der Klasse II vorweisen. Arbeiten war ihm einfach wichtiger als der Besuch der Fahrschule. Die Polizei bemängelte die zu geringe Geschwindigkeit und die viel zu schwere Ladung. Hinrichs ging eifrig auf das Gespräch ein und erklärte dieses und jenes. Damit konnte das Vorzeigen der Papiere dezent umgangen werden.
Er hätte ja die Ladung wiegen wollen, erklärte Hinrichs, aber es gab nun mal keine Waage in der Nähe, und extra durch die halbe Stadt zum Wiegen zu fahren, so viel Sprit war nicht im Tank des Unimog. Dann wurden ersatzweise diverse zu bemängelnde Dinge am Lastzug amtlich festgestellt. Im Laufe der immer noch in freundlichem Ton geführten Diskussion fragte der Polizist sichtlich überfordert: „Ja watt machen wa denn nun mit Ihnen?“ Hinrichs antwortete nicht ganz uneigennützig: „Na am besten lassen Sie mich weiterfahren!“ Völlig verdutzt kapitulierte der Ordnungshüter mit den Worten: „Mensch, haun’se bloß ab!” – Damit stand einer erfolgreichen Fortsetzung der Vorführung nichts mehr im Wege.
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