70 Jahre Unimog-Idee: April und Mai 1946

Bereits im März 1946 entstand diese Zeichnung des Unimog

Bereits im März 1946 entstand diese Zeichnung des Unimog

Der Name Unimog entsteht

Zum Erfolg eines Produktes trägt oft auch der Markenname bei. Beim Unimog ist das sicher der Fall.

Zu dieser Wortschöpfung schreibt sein “Erfinder”, Hans Zabel: „Im April 1946 mußten wir uns auch beim Wirtschaftsministerium in Stuttgart um Zuteilung von Eisenschienen bemühen. Diese Dienststelle verlangte als Unterlage eine ungefähre zeichnerische Darstellung des Fahrzeuges mit Angabe der späteren Bezeichnung. Universal-Motor-Gerät für die Land- und Forstwirtschaft wurde angegeben, und ich leitete hieraus als Abkürzung den Namen Unimog ab.”

Boehringer beteiligt sich an der Entwicklung des Unimog

Die Überlegungen zur Gründung einer Entwicklungsgesellschaft für den Landtraktor, wie er noch Ende 1945 in ersten Vertragsentwürfen hieß, wurden im Frühjahr 1946 weiter konkretisiert. Nachdem der Schuhfabrikant Catta seine ursprünglich in Aussicht gestellte finanzielle Beteiligung nicht in vollem Umfang einbringen konnte und auch Professor Heinkel seine Beteiligung nicht vollzog, wurde nach weiteren Investoren Ausschau gehalten.

Hierzu schreibt Albert Friedrich: „Im März 1946 waren dann die ersten Besprechungen mit der Werkzeugmaschinenfabrik Boehringer, Göppingen, geführt, die deswegen starkes Interesse hatte, weil damals der Schwermaschinenbau ganz verboten worden war und eine eigentliche größere Arbeit für Boehringer nicht mehr vorhanden war. Später, also im Mai, hat sich Boehringer dann im gleichem Stile und mit entsprechenden gleichen Mitteln an der Entwicklung beteiligt, mit dem Wunsche, eines Tages die Fabrikation in ihrem Werk zu haben. Von diesem Zeitpunkt ab war dann die finanzielle Basis für die Entwicklung bereits breiter geworden und es bestand die Hoffnung, eines Tages an eine Entwicklungsgesellschaft auch vertragsmäßig herangehen zu können, was in diesen turbulenten Zeiten des Jahres 1946 nicht möglich war.“

70 Jahre Unimog_Idee

Eine Aktennotiz von Dr. Rolf Boehringer vom 8. Mai 1946 über eine Besprechung mit den Herren Köhler (Erhardt &Söhne) und Albert Friedrich macht deutlich, dass Boehringer mehr als nur einen Wunsch geäußert hat, denn darin heißt es unter anderem bereits: „Für diese Einlagen erhält Erhardt ein Vorrecht auf Lieferungen sämtlicher Blechteile des Chassis und der Karosserie. Boehringer erhält das Vorrecht auf Lieferung von Getrieben, der Vorder- und Hinterachsen und „Bekoma“ das Vorrecht auf Montage und Vertrieb. Vorausgesetzt für die Ausnützung dieser Vorrechte ist Konkurrenzfähigkeit im Preis.

Ob nun die Einlagen in Höhe von RM 200.000 letzten Endes in eine Verwertungs- & Entwicklungsgesellschaft, die in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einer juristischen Person, oder in Form eines Vereins gegründet werden kann, umgewandelt wird, wobei die Entwicklungsgesellschaft an die Hersteller Lizenzen vergibt, oder ob die betreffenden Einleger einen gewissen Lizenzanteil direkt von den Herstellern erhalten, sei im Augenblick offengehalten.“ Anmerkung: Bei „Bekoma“ handelte es sich um eine Tochterfirma von Gebr. Boehringer, die an anderer Stelle eigenartigerweise noch „BEKOMA Boehringer K. G. Werkzeugmaschinen“ benannt wird.

Als anwesende Herren werden

KÖHLER sr. und jr., Schwäb. Gmünd,

FRIEDRICH i/Fa. Erhardt & Söhne, Schwäb. Gmünd,

KATTA, Schuhfabrikant Fraurndau,

Komm.-Rat Dr. Georg BOEHRINGER, Göppingen,

Dr. Rolf BOEHRINGER, Göppingen

in einer Aktennotiz von Dr. Rolf Bohringer vom 14. Mai 1946 benannt (sie trägt versehentlich das Datum 14. 6. 1946). Darin heißt es: „Zum ersten Male trafen sich die bisher an der Entwicklung des Traktors beteiligten Herren zu einer gemeinschaftlichen Besprechung. Es wurde dabei beschlossen, dass

1.) die vorgesehenen Einlagen insgesamt RM: 160.000,- betragen sollen; davon entfallen je RM: 40.000,-

a) auf Herrn Katta

b) durch Zulieferung der Fa. Erhardt & Söhne

c) auf die Fa. Gebr. Boehringer G.m.b.H.

d) auf die Fa. BEKOMA Boehringer K. G. Werkzeugmaschinen.

Nach Beendigung der Versuche an den 10 Traktoren sollen Zeichnungen und geistiges Eigentum von Herrn FRIEDRICH als RM: 40.000.- bewertet werden, sodass eine Gesamteinlage von RM: 200.000,- zur Verfügung steht.

2.) Weitere Beteiligte sollen in den vorhandenen Kreis nur mit Zustimmung aller Anwesenden aufgenommen werden.

3.) Die Fa. Erhardt & Söhne erhält die Berechtigung bei Konkurrenzfähigkeit die beim Serienbau notwendigen Eisenkonstruktionen und Blechteile zu liefern.

Gebr. Boehringer erhält das Recht Getriebe, Vorder- und Hinterachsen etc. bei Konkurrenzfähigkeit zu liefern.

Fa. Bekoma soll bei Konkurrenzfähigkeit Montage und Vertrieb übernehmen.

4.) Herr Friedrich berichtet über den Stand der Entwicklung und hofft, die ersten Traktoren bei rechtzeitiger Zulieferung der Getriebegehäuse durch Boehringer bis Ende Juli fertig zu haben, um dann mit den Probefahrten beginnen zu können. Diese können nach seiner Ansicht bis Ende des Jahres insoweit abgeschlossen sein, dass an die Durcharbeitung der Einzelteile des Traktors für serienmässige Fertigung herangegangen werden kann, wozu er den Sitz seiner Konstruktionsabteilung nach Göppingen legen will, um in ständiger Fühlungsnahme mit Spezialisten der Fertigung (vorgesehen ist Herr Frey von der Fa. Gebr. Boehringer) zu sein. Bis zum Frühjahr des nächsten Jahres könnten dann die ersten Traktoren in Auftrag gegeben werden.

5.) Die allgemeine Unsicherheit betr. Ausräumung, Herstellung von Einzelteilen etc. bewogen die Anwesenden der Gründung einer Entwicklungsgesellschaft, voraussichtlich in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes, näher zu treten. Im Augenblick wäre der Zeitpunkt hierzu noch verfrüht. Sowie jedoch die Frage der Ausräumung und Entnazifizierung klargestellt ist, soll zu diesem Vorhaben Stellung genommen werden. …“

Die Einschätzung von Albert Friedrich zur Zeitschiene war zu optimistisch. Bekanntlich fand die erste Probefahrt erst am 9. Oktober 1946 statt, und die Serienfertigung begann im Februar 1949.

Mit diesen Dokumenten kann belegt werden, dass nicht erst nach den ersten Probefahrten im Oktober 1946 nach einem möglichen Produzenten Ausschau gehalten wurde, wie vielfach zu lesen ist.

Michael Wessel

 

Quellen: Werner Schmeing, Hans-Jürgen Wischhof „Traktoren der Daimler AG“, Band 1, Frankfurt 2009; „Geschichten rund um den Unimog“, Bände 1 bis 3 sowie Protokolle und Schriftwechsel.

Band 1 und Band 3 der „Geschichten rund um den Unimog“ sind noch erhältlich bei www.buchundbild.de

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