Christiane Vugrin schreibt am 3. August 2020 im Badischen Tagblatt:
“Wer so etwas macht, hat schon einen kleinen Spleen”
Achtes Weltenbummlertreffen am Unimog-Museum stößt auf große Resonanz
Fahrzeuge Marke Eigenbau faszinieren
„Kein Fahrzeug ist wie das andere, man sieht immer wieder neue Ideen“, sagt Willi Lipp. Beglückt fährt er mit seinem Klapprad ein Wiesenstück entlang, auf dem sich die beidseitig aufgestellten Allradler die Schau stehlen. Beim achten Weitenbummlertrelfen in und am Unimog-Museum ist zwar alles etwas anders. Doch eines ändert sich wohl nie: Die Begeisterung der Fans, wenn sie von ihren Fahrzeugen berichten.
„Schon ab Kind hat mich der einzige Unimog fasziniert, der damals durch unser Dorf gefahren ist“, erzählt Lipp und fügt hinzu, „1976 habe ich mir dann den ersten Unimog als Zweitwagen gekauft.“ Mittlerweile ist der 72-Jährige Besitzer von acht Unimog-Fahrzeugen.
Eines davon steht auf der Ausstellerwiese. Der Spoiler mit einem Photovoltaikmodul sticht dabei hervor. „Damit spare ich Diesel und erzeuge zusätzlich Strom“, erklärt Lipp stolz. Auch die Innenausstattung kann sich sehen lassen. Der Tüftler hat es nicht nur geschafft, alles, was man zum Leben braucht, äußerst platzsparend einzubauen. Vieles davon ist zudem elektronisch steuerbar. Sogar ein Aufzug für das Klapprad ist im Dach installiert. „Das ist zu schwer, um es immer wieder hochzuhieven“, schmunzelt der Unternehmer aus Sasbach.
Mit einem gut ausgeklügelten Hygiene-Schutz-Konzept startete das Weltenbummler-Treffen bereits am Freitag mit der Anreise der Teilnehmer. „Hier hatten wir für Besuche geschlossen, damit alles geordnet ablaufen kann“, informiert Hildegard Knoop. Am Samstag, dem ersten Besuchertag, rechnet die Geschäftsführerin mit rund 300 Besuchern. „Das sind zwei Drittel von dem, was wir sonst an Besuchern an einem Weltenbummlertag erreichen, damit sind wir hoch zufrieden”, sagt Knoop angesichts der Corona-Umstände.
Die im Museum angebotenen Vorträge finden trotz Hitze und Maskenpflicht Zuhörer. Auch die Fahrt im Außenparcours mit Trennscheibe zum Fahrer wird fleißig gebucht. „Die Leute sind sehr verständig und sehr diszipliniert“, freut sich die Museumschefin. Bestätigen können dies die freundlichen Heiter bei der Besucherregistrierung. Was wäre eine Unimog-Museum-Veranstaltung ohne den engagierten Einsatz der Ehrenamtlichen? „Wir sind da, wo gerade Hilfe gebraucht wird“, meint Hildegard Blaser.
Während konzentriert-interessierte Teilnehmer in der Werkstatt beim „Selbstausbauer-Workshop“ den Worten von Ulrich Dolde lauschen, begeistern die Besucher um das Museum herum immer wieder Fahrzeuge Marke Eigenumbau. Es werden Bilder geschossen und mit den Besitzern gefachsimpelt. Die Aussteller kennen sich zumeist, es ist wie das Zusammentreffen einer großen Familie.
Vor einem Unimog 1350 L machen es sich lda (6), Preya (12) und Till (9) gemütlich. Für die nächsten Wochen ist der Unimog ihr neues Heim. Kreativ wurde Platz für die fünfköpfige Familie geschaffen. Ein separates Eltern-Schlafzimmer inklusive. „Wir schlafen in dem Dachzelt über der Fahrerkabine“, schmunzelt Frauke Gutknecht, „da ist es schön luftig – und wir haben eine tolle Aussicht.“ Das Reisen in einem Unimog ist noch neu für die junge Familie, deshalb dient das Treffen ihnen vor allem dazu, Tipps zu bekommen und Vorträge zu hören.
Auf einiges mehr an Reiseerfahrung kann Bernd Storchmeier aus Banken mit seinem U 1300 zurückblicken. Vor fünf Jahren hat er das ehemalige Bundeswehrfahrzeug erstanden. Die erste Reise – noch mit Bundeswehrcontainer – führte ihn nach Schweden. „Danach habe ich eine eigene Kabine gebaut“, erzählt Storchmeier. Die vorerst letzte Reise führte ihn nach Marokko und Nordafrika. „Alles hat gut geklappt, wir hatten keinerlei Probleme mit dem Fahrzeug”, meint seine Lebensgefährtin Madeleine Straßer. „Wer so etwas macht, hat schon einen kleinen Spleen“, räumt der Unimog- Besitzer ein.
Doch bei dieser Art zu reisen fühle man sich frei und ungebunden, „wenn es dir an einer Stelle gefällt, hältst du einfach an”. In diesem Jahr standen drei Monate Iran auf dem Plan. Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Doch: aufgeschoben ist nicht aufgehoben. „Wir hoffen darauf, im nächsten Jahr unser Reiseziel verwirklichen zu können”, ist sich das Paar einig.
Ein Rückblick mit weiteren Fotos von Michael Wessel: