Von Hans-Peter Hegmann im Badischen Tagblatt vom 13. Februar 2017
Gaggenau – Bereits zum elften Mal mussten am Wochenende im Unimog-Museum die Hauptdarsteller an die Seite rücken. Die Fahrgemeinschaft Tischeisenbahn hatte zusammen mit dem Museum über 60 Aussteller und Sammler aus Deutschland und dem benachbarten Ausland nach Gaggenau eingeladen, um ihre teilweise fast 100 Jahre alten technischen Raritäten zu präsentieren.
Für die bereits am Samstag sehr zahlreichen Besucher bot sich dabei die seltene Gelegenheit, Tischeisenbahnen aus der Zeit von 1920 bis 1960 im Fahrbetrieb zu erleben. Viele der gezeigten Marken oder Hersteller mit historischen Spurweiten und Antriebsarten sind inzwischen vom Markt verschwunden und zum Teil äußerst seltene Raritäten.
Die Markennamen Fleischmann, Märklin, Piko und Roco sind auch vielen jungen Menschen heute noch ein Begriff, wenn es um elektrische Modelleisenbahnen geht. Dabei ist besonders Märklin das Synonym für eine ganze Spielzeugkategorie geworden. Namen wie Arnold, Beck, Distler, Bing, Bub, Doll, Eggerbahn, Göso, Hornby, Rokal und noch einige mehr sind fast nur noch Spezialisten bekannt. Viele dieser Sammler, Restauratoren oder einfach Spielbegeisterten haben sich in der Fahrgemeinschaft Tischeisenbahn zusammen gefunden und sorgen mit ihren Ausstellungen und Vorführungen dafür, dass die traditionellen Spielgeräte und die Namen der Hersteller erhalten bleiben.
Mobil auch ohne Batterie
Auf rund 30, bis zu zwölf Meter langen Anlagen fuhren Züge, Oberleitungs-Omnibusse oder Blechautos in den verschiedensten Spurweiten und Gleissystemen. Darunter große Märklin-Werksanlagen, die früher in den Schaufenstern der Spielwarenhändler standen und noch nie ausgestellt waren. Daneben waren jede Menge Blechspielzeuge zu sehen. Vom einfachen Auto über ganze Rennbahnen bis zur “unendlichen” Achterbahn mit einem Aufzug mit Uhrwerkantrieb. Diese mit Federkraft angetriebene Motoren waren in den Anfangstagen die meist verwendeten Antriebsaggregate für Modellbahnen und Blechspielzeug.
Allerdings sorgen sie heutzutage gelegentlich für Verwunderung. “Wo ist denn da die Batterie?”, wollte ein junger Besucher vom über 70-jährigen Besitzer der blechernen Anlage wissen. Als dieser erklärt, dass der Aufzug von einem Uhrwerk angetrieben wird, kann der junge Mensch auch damit nichts anfangen. Also folgt ein interessanter Ausflug in die Welt der Mechanik und der Junge lauscht sehr aufmerksam und sichtlich beeindruckt den Ausführungen.
Dampfmaschineen miniature
Vielleicht wurde in diesem Moment der nächste Virus für die Sammelleidenschaft von altem Spielzeug übertragen?
Ebenfalls eindrucksvoll in Aktion zu erleben war die weitere Entwicklung der Antriebstechnik bei Modellbahnen. Auf einer Anlage fuhren kleine Lokomotiven, die tatsächlich mit Wasser betankt waren, das durch einen Spiritusbrenner in Dampf verwandelt wurde. Die Dampfmaschinen auf Rädern sorgten für eine überraschend hohe Geschwindigkeit der dahinter hängenden Wagen. Wer aufmerksam zuschaute konnte bei den Vorbereitungen sehen, dass dies absolut kein Kinderspielzeug ist, und wie der Besitzer erklärte, hauptsächlich das Spielzeug englischer Lords war. Genauso wie die meterlange Bing-Hochbahn, die es ursprünglich nicht über den Prototypenstatus brachte, da sie zu empfindlich zum Spielen war.
Ihr Besitzer, der vier Stunden zum Aufbau benötigt, hat sie “einfach” nach alten Fotos und einem Prospekt in neun Monaten selbst nachgebaut.