Von Carl-Heinz Vogler im Badischen Tagblatt vom 10. und 11. August 2016
60 Jahre ist es jetzt her, dass im August 1956 aus dem Gaggenauer Benzwerk eine Baureihe vom Band lief, die für ihre Fans Kultstatus hat wie der VW Käfer oder der Porsche 911. “Vierelfer” nennen Unimog-Freunde die Baureihe 411. Für viele der noch knapp 20000 Besitzer des von 1956 bis 1974 mit über 39000 Einheiten gebauten Fahrzeugs ist dieser Unimog bereits eine Legende. Im Oktober wird im Unimog-Museum der runde Geburtstag gefeiert.
Fünf Jahre nach der Produktionsaufnahme 1951 des Unimog im Werk Gaggenau war am damaligen Ur-Unimog weiter entwickelt, erprobt und Details mit den Geräteherstellern abgestimmt worden. Führungskräfte und Konstrukteure sahen im Unimog 411 für dessen Zielgruppen in Landwirtschaft, Transport und Kommunen eine einmalige Chance.
Der U411 hatte in seiner Entwicklung auch stark von den Erfahrungen profitiert, die man in Gaggenau mit dem parallel laufenden Unimog-S machte: Denn Bauteile wie das Getriebe UG 1/11, Portalachsen, Schubrohre und innovative Ideen wurden von diesem späteren Stückzahlenprimus (64242 Stück) beim U411 direkt übernommen.
Die Gerätehersteller und Unimog-Vertriebsleute drängten auf höhere Leistungen. Vor 60 Jahren, im August 1956, ging der U411 mit 30 PS zum Preis von 12500 Mark an den Start. In späteren Jahren steigerten sich die Leistungen bis auf 36 PS.
Die mit vier Grundtypen U411, U411a, U411b und U411c angebotene Baureihe wurde von Anfang an, im Gegensatz zu ihren Vorgängern, mit kurzem und langem Radstand angeboten. Eine vorausschauende Entscheidung, denn über zwei Drittel dieses Unimog wurden später mit langem Radstand verkauft. Hinzu kamen zweierlei Fahrerhaustypen: Cabrio und das Ganzstahl-Fahrerhaus.
Mehr Sicherheitdurch Fahrerhaus
Bis 1966 dominierte beim 411er als Farbe das Unimog-Grün, danach wurde auf das hellere Lkw-Grün umgestellt. Das neue Ganzstahl-Fahrerhaus vom Typ DvF mit großer Panoramafrontscheibe, das im September 1957 bei der IAA erstmals präsentiert wurde, war deutlich größer und komfortabler und wurde wie bereits sein Vorgänger bei der Firma Westfalia gefertigt. Besonders gefragt war dieses nach DLG-Kriterien überschlagsichere Fahrerhaus bei den Kommunen für deren Einsatzanforderungen.
Der Unimog 411 mit geschlossenem Fahrerhaus und Holzladekran während einer Vorführung im Unimog-Museum
Präsentation im Oktober
Zum 60. Geburtstag des Unimog 411 fand bereits am 8. Mai im Unimog-Museum ein Ehrungstag mit Fahrzeugpräsentation statt. Am 8. und 9. Oktober gibt es anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Unimog-Museums eine komplette Baureihenpräsentation aller je gebauten Unimog.
Dabei ist auch der Unimog 411 mit den unterschiedlichen Typen vertreten.
Mehr als 300.000 Unimog
Von 1951 bis zum Jahr 2002, also mehr als ein halbes Jahrhundert lang, wurde in Gaggenau der Unimog montiert. Rund 320000 Fahrzeuge hatten in dieser Zeit das Werk Gaggenau verlassen. Die Produktion wurde 2002 ins Mercedes-Benz-Werk Wörth verlagert.
Das Benzwerk Gaggenau wurde 1894 als Bergmann-Industriewerke GmbH gegründet und ist somit das älteste Automobilwerk der Welt. Seit 1911 gehört es zu Daimler.
Teil 2 vom 11. August 2012
Der Unimog 411 mit einem Autokran
Gerätehersteller ermöglichen vielfältige Nutzungen
Vor 60 Jahren, im August 1956, liefen die ersten Unimog 411 in Gaggenau vom Band. In einem ersten Bericht ging Carl-Heinz Vogler auf Anfänge des “Kultmodells” ein. “Es waren die Gerätehersteller und Kunden, die dem U411 zu Einsätzen verhalfen die es zuvor so nicht gab”, ergänzt der Unimog-Experte.
Ein Beispiel ist der Unimog 411 mit einem Autokran. Die Firma Donges-Stahlbau in Darmstadt entwickelte ab 1955 für Aufgabenstellungen im Stahlhochbau zusammen mit Daimler-Benz in Gaggenau einen Autokran – den sogenannten Unikran. “Diese imposante Krankonstruktion war als zwillingsbereifter Sattelaufleger für den U411 und später versuchsweise für den Unimog-S konstruiert worden”, weiß Vogler. Für Donges hatte der Autokran viele Vorteile: Da war zum einen der für Baustellen bestens geeignete Allradantrieb, dann die Geländetauglichkeit mit der patentierten Portalachse, die geeignete Kurzbauweise des Unimog und damit die große Wendigkeit, das optimale Vertriebsnetz und die vorbildliche Kooperation mit Gaggenau.” Hinzu kamen Geschwindigkeiten bis zu 55 km/h und ein Aktionsradius von 100 Kilometer sowie der abkoppelbare Krananhänger.
Der Unikran hatte eine Tragfähigkeit von drei Tonnen bei einer Hakenhöhe von sieben bis acht Meter, mit ansetzbaren Zwischenstücken bis zwölf Meter. Er war durch wenige Handgriffe vom Mutterfahrzeug (Sattelzug) zu trennen und konnte auch als eigenständige Einheit – ohne den Unimog – eingesetzt werden.
Fotos: Archiv Carl-Heinz Vogler