70 Jahre Unimog-Idee – November 1945

Auszug aus der Produktionsgenehmigung vom 19. November 1945

Auszug aus der Bestätigung vom 19. und 20. November 1945

 

Im Mai 2015 starteten wir die Serie „70 Jahre UNIMOG-Idee“ – nachzulesen hier in der Unimog-Community. Monatlich wird der Weg zum späteren Unimog dokumentiert. Im November kam man wieder einen besonderen Schritt voran.

Zur Beantragung einer Produktionsgenehmigung für das Universalgerät für die Landwirtschaft schreibt Ursula Lebert, die Tochter von Albert Friedrich, im Band 3 der „Geschichten rund um den Unimog“:

„Im Sommer 1945 waren noch alle Schulen geschlossen, und so konnte ich meinem Vater beim Abfassen von englischsprachigen Schriftstücken für die Bewilligung des Landgerätes unterstützen. Mein Vater hatte Englisch in der Luitpold-Ober-Realschule in München gelernt.

Auch zur Antragstellung im Office des Industry Branch in Stuttgart Marienstraße nahm mich mein Vater mit. Ich sprach besser Englisch und machte seiner Meinung nach mit meinen 14 Jahren auch einen ‚zivileren Eindruck’ als er.

Ein glatzköpfiger Captain musterte die Pläne für unseren „agricultural tractor“, in die Walter Benseler ganz bewusst auch ein Mähwerk aufgenommen hatte. Mit meinem vorher einstudierten Satz „It is definitely not suitable for military use!“ versuchte ich, seine Bedenken zu vertreiben, es handle sich bei dem Vorhaben um einen Jeep. Es klappte, denn wenige Tage später traf zur großen Freude meines Vaters die Genehmigung bei ihm ein.“

Mit Datum vom 19. und 20. November erhielt Albert Friedrich vom „Ministery of Economy dept. Agriculture and Food“ in Stuttgart die ersehnte Bestätigung des landwirtschaftlichen Nutzens und daraufhin die Produktionsgenehmigung für den Bau von zehn Prototypen des landwirtschaftlichen Traktors. Interessanterweise ist sie nicht an seine Privatadresse sondern an „Mr. A. Friedrich of Messrs. Erhard & Son, Schwäb. Gmünd“ ausgestellt.

 

Die Produktionsgenehmigung mit Ergänzung vom 20. November 1945

Gesamtdartstellung der Bestätigung mit Ergänzung vom 20. November 1945

Hier die Übersetzung:

Zulassung

Herr A. F r i e d r i c h von Gebrüder Erhardt & Söhne, Schwäb. Gmünd, beabsichtigt, eine landwirtschaftlich genutzte Zugmaschine zu entwickeln, die für alle landwirtschaftlichen Zwecke einsetzbar ist (Details können dem Anhang entnommen werden).

Der Traktor, der gebaut werden soll, scheint geeignet dafür zu sein und vielversprechend, um für alle landwirtschaftlichen Dienstleistungen in Betrieb genommen zu werden, und aus diesem Grunde existiert ein echter Bedarf für die Entwicklung einer solchen Maschine.

Die Versuchsarbeiten für den Traktor sind hiermit genehmigt, und wir bitten alle betroffenen Behörden und anderen Dienststellen, Herrn Friedrich in seinem Vorhaben bestmöglich zu unterstützen.

Im Auftrag

Unterschrift (Kümmerer)

Büro der Militärregierung Baden-Württemberg, APO 758, US-Armee, 20. Nov. 45

An: Industrieabteilung E-1, Elektrische und maschinelle Geräte

Die Entwicklung einer landwirtschaftlichen Zugmaschine für alle Arten von landwirtschaftlichen Anwendungen der Firma Erhardt & Söhne, Schwäb. Gmünd, ist aus landwirtschaftlicher Sicht empfohlen.

FÜR DEN LEITER DER ABTEILUNG

Stempel und Unterschrift

 

Albert Friedrich war bei der Suche nach möglichen Investoren offenbar nicht so erfolgreich, wie er es ursprünglich den Inhabern von Erhard & Söhne in Aussicht gestellt hatte. Daher stellt Albert Köhler im Band 3 der „Geschichten rund um den Unimog“ fest, dass es in erster Linie Aufgabe seines Bruders Eduard (Mitinhaber von Erhard & Söhne und heute einer der „Väter des Erfolgs des Unimog“) wurde, Investoren zu finden. Erfolgreich war er zunächst bei dem Lederwarenfabrikanten Franz Catta, Inhaber der Württembergische Schuhfabrik Faurndau GmbH.”

70 Jahre Unimog_Idee

Maschinen für die Schuhfabrikation und Landwirtschaft

Besonders interessant ist ein Vertragsentwurf vom 19. November 1945, der die Zusammenarbeit regeln sollte. Darin heißt es:

„1.) Die Württbg. Schuhfabrik Faurndau GmbH in Faurndau, die Fa. Erhard & Söhne AG, Schwäbisch Gmünd, Direktor Albert Friedrich in Cannstatt, im Geiger 86, schließen sich zur gemeinsamen Konstruktion und Bau neuer Maschinen für die Schuhfabrikation und für die Landwirtschaft zusammen.

2.) Die Firma Württembg. Schuhfabrik Faurndau stellt zu diesem Zweck insgesamt RM 100 000.- zur Verfügung, und zwar mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung RM ……….., den Rest bei Bedarf bzw. Anforderung durch die Fa. Erhard & Söhne, Schwäb. Gmünd.

3.) Die Konstruktion der in Ziffer 1.) bezeichneten Maschinen obliegt in erster Linie Direktor Friedrich. Er stellt hierzu die erforderlichen Hilfskräfte ein. …..

4.) Konstruktion und Bau dieser Maschinen erflogt grundsätzlich in Schwäbisch Gmünd bei der Fa. Erhard & Söhne AG. Die Fa. Erhard & Söhne stellt zu diesem Zweck ihre Fabrikationsräume und Arbeitskräfte unentgeltlich zur Verfügung.“

Und unter Punkt 8.) heißt es: „Sobald die Konstruktions- und Entwicklungsarbeiten soweit gediehen sind, dass die serienmäßige Herstellung einer Maschinenart in Frage kommt, ist eine neue Vereinbarung zu treffen.“

Dass auch die Entwicklung von Maschinen für die Lederfabrikation geplant war überrascht ebenso, wie zu dieser Zeit das Vorhaben, die Landtraktoren bei Erhard & Söhne bauen zu wollen.

Aus einer späteren Finanzierungsübersicht vom 5. März 1946 ist übrigens zu erkennen, dass am 29. November 1945 die Württembergische Schuhfabrik RM 30 000.- in das Unternehmen einbrachte.

Michael Wessel

Quellen: Eva Klingler, Michael Wessel: „Geschichten rund um den Unimog“, Band 1, Ettlingen 1992, Michael Wessel: „Geschichten rund um den Unimog“, Band 3, Gaggenau 2009 sowie Protokolle und Schriftwechsel.

Wird monatlich hier in der Unimog-Community fortgesetzt.

 

 

 

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