50 Jahre Unimog 416 – die Geschichte

U 416 mit 110 PS als Zweiwegefahrzeug mit Gelenkrollenspurhaltern für Straßenbahnen, in der Sonderausstellung „Zweiwege-Unimog“ im Unimog-Museum

U 416 mit 110 PS als Zweiwegefahrzeug mit Gelenkrollenspurhaltern für Straßenbahnen, in der Sonderausstellung „Zweiwege-Unimog“ im Unimog-Museum

Vor 50 Jahren war für den „langen U 406er“ Produktionsbeginn. Noch heute ist der Unimog 416er bei Armeen im Einsatz

„Damit konnten wir komplett neue Märkte in nie dagewesener Größenordnung erschließen“, so der vor vier Jahren verstorbene Projektleiter Martin Tegtmeier zu den 45.544 Stück gebauten Unimog der Baureihe 416. Produktionsbeginn dieses Erfolgsmodells für Gelände und Straße war vor 50 Jahren im September 1965, im heutigen Mercedes-Benz Werk Gaggenau.

Unimog wie der U 416 sind umgebenvon Halbwissen und Ehrfurcht. Für viele ist er nur ein 406er mit langem Radstand und einer überdimensionierten Pritsche. Es gibt aber Unimog-Freunde, für die der U 416 unter den Unimog der absolute Star ohne „Starallüren“ ist. Wenn das aber alles ist, dann wäre dieser Unimog schnell erklärt.

Als der Typenexperte und Autor dieses Beitrags, Carl-Heinz Vogler, am 18. März 1974 zum ersten Mal das Unimog-Band zu Gesicht bekam, dominierten da in seinen Erinnerungen nur die „langen Kerle“. Es waren auf dem Band gefühlte 80 Prozent Unimog mit langen Radständen, so wie der U 416 und der Unimog-S. Der Rest waren Unimog der Baureihen 411, 421 und 406 und einige wenige MB-trac. Die Baureihe 416 basiert auf der Baureihe 406 mit 2.380 Millimetern Radstand. Von dieser unterscheidet er sich unter anderem durch die längeren Radstände von wahlweise 2.900 oder 3.400 Millimetern.

Im September 1965 war Produktionsstart des U 416 (Typ U 80). Über die gesamte Laufzeit bis 1989 brachte er es auf 21 Baumuster. Gegenüber dem U 406 waren außer den Rahmenlängen und Radständen auch die Motorleistungen verändert. Die ersten U 416 gingen 1965 mit den Baumustern 416.123, 124 und 125 an den Start. Als Motor kam anfangs der Direkteinspritzer-OM 352.984 mit 80 PS zum Einsatz. Die Motorleistung steigerte sich bis zum Produktionsende auf seinerzeit gigantische 125 PS. Modellpflegemaßnahmen, wie der Einsatz der Scheibenbremsen oder optimiertes G-Getriebe, gingen mit der kleineren Baureihe 406 parallel einher. In einfachster Cabrio-Ausführung kostete ein U 416 zum Produktionsstart circa 24.000 DM. Standardfarben waren Lkw-grün (DB 6277), Lkw-grau (DB 7187) oder Lkw-blau (DB 5328). Zusätzlich zum Standardrahmen von 4207 Millimetern wurde ein überlanger Rahmen von 4.687 Millimetern angeboten. Sie waren für Spezialeinsatzgebiete – wie große Aufbaugeräte oder als Gelände-Lkw – vorgesehen. Der U 406 (1973) und der U 416 (1974) waren übrigens die ersten Zugmaschinen und Lkw mit Scheibenbremsen in Deutschland, die vom Kraftfahrt-Bundesamt eine EWG-Teil-Betriebserlaubnis entsprechend der Genfer Regelung Nummer 13 erhielten.

Mit diesen langen Unimog gab es auf dem damaligen Querband, noch gebaut für die Ur-Unimog, in den Materialgassen sowie in den eng bemessenen Hallenstraßen oftmals Rangier- und Materialflussprobleme. Im Herbst 1974 wurden mit dem aus dem Pkw-Bau bekannten Längsband und dem Fokus auf der „Schweren Baureihe“ diese Probleme gelöst.

 

U 416 mit Bus-Sonderaufbau, Baujahr 1965, 80 PS, restauriert 2008,  im Einsatz beim Unimog-Museum. Früherer Einsatz zum Personentransport zur Skistation Bleckenau (Nähe Neuschwanstein)

U 416 mit Bus-Sonderaufbau, Baujahr 1965, 80 PS, restauriert 2008, im Einsatz beim Unimog-Museum. Früherer Einsatz zum Personentransport zur Skistation Bleckenau (Nähe Neuschwanstein)

Speziell die mit 19.168 Stück gebauten Baumuster 416.114 (U 100 und U 1100L), sind kräftige Geländeflitzer und bis zum heutigen Datum, bis auf die Konkurrenz im eigenen Hause, unerreichbare geländegängige Nutzfahrzeuge. Seine Geländegängigkeit im Verbund mit der Robustheit und der Zuverlässigkeit des Unimog wurde bisher von keinem anderen Radfahrzeug mehr erreicht, geschweige denn übertroffen. Das Geheimnis steckt unzweifelhaft im hochgeländegängigen Fahrgestell. Solche Fahrgestelle zeichnen sich durch reduziertes Gewicht, Schubrohrtechnik der Achsenkonstruktion, lange Federwege durch Schraubenfedern und durch gekröpften beziehungsweise verwindungsweichen Rahmen sowie durch ein großes Radaufstandsfeld bei größtmöglicher Achsenverschränkung aus.

Der 416er war die konsequente Weiterentwicklung der Baureihe 406. Ohne die geniale Baureihe 406 hätte es die Baureihe 416 logischerweise auch nicht gegeben. Der Unimog-S fand als hochmobiles, taktisches Fahrzeug seinen Weg zum Kunden in aller Welt. Es lag daher nahe, die hochgeländegängige Diesel-Baureihe 416 mit hoher Motorleistung als Nachfolger in den gleichen Marktsegmenten anzubieten.

Ganz besonders hatte man in Gaggenau den internationalen Militäreinsatz im Fokus. Die Verwendung als geländegängiger Armeetransporter der NATO-Lkw-Klasse 2 Tonnen bot sich regelrecht an. Armeen wie zum Beispiel aus Ägypten, Südafrika, Libyen, Thailand, Frankreich, Niederlande, Chile, Peru und Belgien zogen den drehmomentstarken Diesel-Motor OM 352 dem Benziner M 180 vom Unimog-S deutlich vor. So kam es auch, dass viele Armeen im großen Stile auf den U 416 umstiegen. Zu den Armeen, wo der U 416 noch heute eingesetzt und instandgesetzt wird, gehören Algerien, Tunesien, Marokko und Argentinien. Für die Bundeswehr war der U 416 nicht vorgesehen, denn die Kriterien der Ausschreibungen zur Unimog-S-Nachfolgegeneration forderten ein Fahrerhaus für drei Personen – und dies konnte der 416er nicht erfüllen. Hier machte dann bekanntlich später der Unimog 1300L das Rennen.

In zivilen und kommunalen Bereichen konnte sich der U 416, als mittleres Transportfahrzeug in den Fuhrparkbereichen, einen Namen machen. Die Zielgruppen waren hierbei Kunden wie zum Beispiel Feuerwehren, die geländegängige Lkw einsetzten. Fahrgestelle, Triebköpfe und auch Teilesätze wurden bei Sonderfahrzeugen als Basiskomponenten eingesetzt. Die Zweiwegeausführung des U 416 für den Schienenbetrieb, denen derzeit im Unimog-Museum eine Sonderausstellung gewidmet wird, soll hier nicht unerwähnt bleiben. Diese Angebots-Strategie war ganz im Sinne der fast 200 Geräte- und Aufbauhersteller.

Für die Zielgruppe Polizeibehörden machte die Firma Thyssen aus dem U 416er Fahrgestell und Teilen des Fahrerhauses einen Radpanzer mit 110 PS und der Typenbezeichnung UR 416. Abnehmer dieser Sonderfahrzeuge waren die deutsche Schutzpolizei und Polizeigruppen in den Niederlanden, Saudi-Arabien sowie Spanien, aber auch Militäreinheiten in Südamerika.

Für den südamerikanischen Markt wurde in Argentinien in Lizenz die Baureihe 426 produziert. Diese Baureihe basierte auf dem 416er. Der U 426 entstand aus CKD-verpackten Teilen aus Gaggenau und wurde ergänzt durch Teile, die bei Mercedes-Benz in Argentinien selbst hergestellt wurden. So entstanden zwischen 1968 und 1983 circa 6.000 Unimog dieser Baureihe, die von Argentinien (2.643 Stück Eigenbedarf) aus auch in andere südamerikanische Länder exportiert wurden.

Mit einer Stückzahl von 45.544 ließ der U 416, außer dem Unimog-S mit 64.242 Stück, alle anderen Unimog hinter sich und bleibt bis heute einer der Stückzahlenspitzenreiter. Insgesamt gesehen hatte der U 416 eine strategisch wichtige Bedeutung für den Daimler-Benz-Konzern und für den Unimog-Bereich war er eine tragende Geschäftssäule. Dieser Unimog ist ein typisches Dual-Use-Produkt: eines, das zivil, aber auch militärisch genutzt werden kann.

Durch sein Gesamtgewicht von maximal 6.500 Kilogramm darf dieser Unimog mit dem noch alten Führerschein der Klasse 3 gefahren werden. In Kreisen der Unimog-Fans wird zu diesem Unimog-Jubiläum viel publiziert und mit kleineren Fahrzeugpräsentationen das 50-Jährige gefeiert, damit dem Halbwissen zu diesem Fahrzeug entgegengesteuert werden kann – die Ehrfurcht bleibt erhalten.

Text und Fotos: Carl-Heinz Vogler

 

 

 

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